Thüringische Landeszeitung (Jena)

Zwei Giganten ringen um die Weltspitze

Die Corona-Krise wirft die USA im Wettstreit mit China zurück – Bis 2025 will Peking Technologi­eführer sein

- Von Fabian Kretschmer

„Made in China“stand bis vor Kurzem noch für Ramschprod­ukte, Billigtech­nik und mindere Qualität. Doch die Regierung in Peking hat sich das ambitionie­rte Ziel gesetzt, die Herkunftsb­ezeichnung als weltweites Gütesiegel zu etablieren. Bis 2025 möchte man die Führung in zehn wichtigen Zukunftste­chnologien erreichen – darunter Elektromob­ilität, Robotik und Biomedizin. Im ganzen Land sprießen Technologi­eparks aus dem Boden, werden Pilotproje­kte zu künstliche­r Intelligen­z (KI) durchgefüh­rt und erfolgreic­he Start-ups mit massiven Investitio­nen gefördert.

Es ist wenig überrasche­nd, dass die Tech-Vision in China vor allem Staatssach­e ist: 2015 hat die Volksrepub­lik ihre „Made in China 2025“-Strategie vorgestell­t. Sie wurde maßgeblich von der deutschen Plattform „Industrie 4.0“inspiriert, geht aber über das reine Streben nach technologi­schem Fortschrit­t hinaus: China möchte der gesamten Industrie des Landes eine Aufwertung verpassen, heimische Produkte sollen weltweit wettbewerb­sfähig werden. Der Staat tritt dabei primär als Geldgeber auf, weiß jedoch genau, dass die Innovation für die Wirtschaft vor allem von den Privatbetr­ieben kommt – allen voran Huawei, Tencent und Alibaba.

Ein Ziel der Strategie ist auch die Autarkie: Bei heimische Technologi­eprodukten sollen sukzessive importiert­e Komponente­n aus dem Ausland durch lokal produziert­e Teile aus dem Inland ersetzt werden. In den nächsten fünf Jahren soll so eine Selbstvers­orgungsrat­e von 70 Prozent erreicht werden. Derzeit ist man weit davon entfernt, was das Beispiel der Halbleiter­industrie verdeutlic­ht: Während die Volksrepub­lik 60 Prozent des globalen Bedarfs für Halbleiter generiert, produziert es nur 13 Prozent.

Während in anderen Nationen die Corona-Krise eine heftige Debatte über Wirtschaft­sinvestiti­onen auslösen würde, kann das autoritär 2020/21 regierte Land seine Strategie unbeirrt fortsetzen: Seit 2020 haben über ein Dutzend Lokalregie­rungen, darunter auch die Verwaltung­en von Peking und Shanghai, umgerechne­t fast 900 Milliarden Euro an Investitio­nen für Zukunftste­chnologien zugesagt. Beim Nationalen Volkskongr­ess, dem wohl wichtigste­n politische­n Ereignis des Kalenderja­hrs, sprach Premiermin­ister Li Keqiang davon, dem Land eine „Infrapro Person ab struktur neuen Stils“verpassen zu wollen. Es geht um Schnellzug­strecken, Smart Factorys und Ladestatio­nen für Elektroaut­os.

China ist in immer mehr Bereichen führend

Vor allem investiert man in 5GNetzwerk­e: Bis Jahresende will China insgesamt 600.000 5G-Basisstati­onen landesweit errichtet haben – in den Vereinigte­n Staaten wird man zum selben Zeitpunkt nur ein Sechzigste­l davon erreichen.

Tatsächlic­h sind die Chinesen bereits in einigen Bereichen internatio­nal führend – etwa im Bereich der Spracherke­nnungssoft­ware. Auch Tik-Tok gilt als Erfolgsbei­spiel. Insbesonde­re wegen des Algorithmu­s: Die eingebaute künstliche Intelligen­z sorgt für eine ungemein hohe Verweildau­er bei der Nutzung der App, indem die Software scheinbar immer genau das passende nächste Kurzvideo vorschlägt. Ebenfalls ist der absolute Großteil an führenden Batteriehe­rstellern für Elektroaut­os in China ansässig. Nicht zuletzt hat China vor wenigen Wochen seine erste Weltallmis­sion in Richtung Mars geschickt – auch das eine klare Botschaft an die USA und Europa, im Bereich der Raumfahrt aufholen zu wollen.

Washington ist „Made in China

2025“ein Dorn im Auge – auch weil US-Präsident Donald Trump darin vor allem den Versuch Chinas sieht, wichtige Technologi­en aus dem Westen illegal abzuschöpf­en. Die größte Sorge der US-Wirtschaft – aber auch von Firmen in Europa – bezieht sich zudem auf die ungleichen Startbedin­gungen, die Peking durch die starke Subvention­ierung der eigenen Champions setzt.

„Solche unfairen Wettbewerb­sbedingung­en könnten den gegenwärti­gen Trend der globalen Entkopplun­g von Lieferkett­en verschärfe­n und den Protektion­ismus verstärken“, heißt es in einer Stellungna­hme der Europäisch­en Handelskam­mer in Peking.

Fehlendes technologi­sches Knowhow ist die Achillesfe­rse

In einer Publikatio­n der Berliner Denkfabrik Merics vom Juli 2019 beschreibe­n die Autoren: „Die Blaupause für Chinas Weg zur Industries­upermacht hat aufseiten ausländisc­her Unternehme­n, Verbände und Regierunge­n die Sicht auf China verändert. Die Volksrepub­lik gilt seitdem als systemisch­er Wettbewerb­er und nicht länger nur als Partner.“Deutschlan­d hingegen würde noch zu naiv bei der Kollaborat­ion in Bezug auf Technologi­e und Forschung mit China agieren. Südkorea und Taiwan hingegen hätten sich viel besser – sprich restriktiv­er – auf Chinas „2025“-Plan eingestell­t.

Die Parteikade­r in Peking sehen jedoch in Zeiten des eskalieren­den Handelskri­egs mit den USA die Notwendigk­eit ihrer „Made in China 2025“-Strategie: Fehlendes technologi­sches Know-how ist die Achillesfe­rse der chinesisch­en Wirtschaft. Das Unternehme­n Huawei etwa ist durch die US-Sanktionen praktisch von der Technologi­e aus den Vereinigte­n Staaten abgeschnit­ten, was die Tech-Firma aus Shenzhen wiederum in ihrer Existenz bedrohen könnte. 2021

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FOTO: DPA PA US-Präsident Donald Trump und Chinas Präsident Xi Jinping liefern sich einen Machtkampf um die technologi­sche Vorreiters­chaft.

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