Thüringische Landeszeitung (Jena)
„Volkswirtschaft nicht lahmlegen“
BDI-Chef Kempf warnt vor Grenzschließungen zur Pandemiebekämpfung
Angesichts steigender Infektionszahlen hat der Präsident des Industrieverbands BDI, Dieter Kempf, vor neuen Grenzschließungen gewarnt. „Geschlossene Grenzen sind für den freien Waren- und Personenverkehr und damit die produzierende Industrie ein Menetekel mit dramatischen Folgen für die gesamte Volkswirtschaft“, sagte Kempf unserer Redaktion. „Sie drohen, Kapazitätsengpässe im Transportsektor, Produktionsstillstände sowie Versorgungsengpässe nach sich zu ziehen.“
Im Fall einer zweiten Infektionswelle sei es sinnvoller, regionale
Schutzzonen um Infektionszentren herum aufzubauen, als die Grenzen hochzuziehen, riet Kempf. „Die Bundesregierung muss im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft dafür sorgen, dass sich das Szenario unkoordinierter und unabgestimmter Grenzschließungen trotz steigender Infektionszahlen nicht wiederholt.“Bereits die geringste Beeinträchtigung der Logistik- und Lieferketten in Europa wirke sich massiv auf die Versorgungssicherheit deutscher Unternehmen aus, mahnte Kempf. „Deutschland muss lernen, mit dem Virus zu leben, ohne erneut eine ganze Volkswirtschaft lahmzulegen.“ Das Einhalten der Hygieneund Abstandsregeln sowie der Maskenschutz blieben zentral. „Die deutsche Industrie ist mit umfassenden Arbeitsschutzmaßnahmen vertraut, sodass beispielsweise Geschäftsreisen und Entsendungen wieder möglich sein müssen.“
Insgesamt ist die deutsche Wirtschaft auf Erholungskurs. Die Exporte stiegen im Juni um 14,9 Prozent im Vergleich zum Mai. Die Industrieproduktion legte um neun Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Beide Werte blieben deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau.