Thüringische Landeszeitung (Jena)
Kopier-Affäre: Hülkenberg soll Punkte zurückholen
Die Formel 1 sah am Freitag komplett rosa: Racing-Point-Team wird wegen umstrittener Bremsbelüftungen bestraft
Beim zweiten Mal passte alles ein bisschen besser für Nico Hülkenberg. Keine überstürzte Anreise, kein nächtliches Sitzgießen, kein zwickender Overall. Und doch hakte etwas beim Formel-1-Ersatzmann des erneut positiv auf Covid19 getesteten Sergio Perez: Hülkenbergs Racing-Point-Rennwagen ist ganz offiziell keine legale Kopie mehr des Weltmeister-Silberpfeils aus dem Vorjahr – und doch darf der „pinke Mercedes“wohl bis Jahresende seine hochumstrittenen Bremsschächte einsetzen.
Der Automobil-Weltverband traf am Freitag eine Entscheidung, die die Formel 1 noch beschäftigen dürfte. Wie die FIA im 14-seitigen Urteil samt Begründung mitteilte, wird Racing Point in der Kopier-Affäre mit 400.000 Euro Strafe und dem Abzug von 15 WM-Punkten in der Konstrukteurswertung belegt.
Das britische Team, das 2021 Aston Martin heißen wird und um die Dienste von Sebastian Vettel buhlt, hat 24 Stunden Zeit, Protest anzukündigen. Gebrauch machte davon zunächst die Konkurrenz: Renault, Ferrari und auch McLaren reichten die formal notwendige Absichtserklärung für einen Einspruch ein. Sie alle hatten sich einen härteren Richterspruch erhofft.„Wir haben das Regelwerk genau gelesen und denken, dass wir alles befolgt haben“, verteidigte sich RP-Teamchef
Otmar Szafnauer bei Sky. Allerdings ist das Urteil für die Pink Panther nur auf den ersten Blick eine herbe Niederlage, denn „die Bremsschächte entsprechen dem Reglement. Wir können damit bis Jahresende fahren“, erklärte Szafnauer. Einzig der Designprozess war nicht regelkonform, sagte die FIA. Damit könnte sein Team den im Zuge des Urteils an Renault verlorenen fünften Platz der Konstrukteurs-WM zügig zurückerobern – nicht wegzudiskutieren ist ein Geschmäckle.
Das französische Werksteam hatte nach dem zweiten Saisonrennen in Spielberg sowie den folgenden Läufen in Budapest und Silverstone Protest gegen den RP20 eingelegt. Renault warf Racing Point vor, die
Bremsbelüftungen nicht selbst entworfen, sondern das Design von Mercedes unerlaubt kopiert zu haben. Die FIA gab dem statt.
Das Strafmaß der FIA-Kommissare bezieht sich jedoch konkret nur auf den Großen Preis der Steiermark am 9. Juli, bezüglich der weiteren Proteste beließ es das Gremium bei Verwarnungen. Dieses Strafmaß sei „verhältnismäßig“gemessen am Gesamtvergehen, erklärte die FIA.
Teilzeitarbeiter Hülkenberg hat nun die Aufgabe, die am Grünen Tisch wohl verlorenen Punkte für Racing Point auf der Strecke zurückzuholen. Der Aufgalopp vorm fünften Saisonrennen (Sonntag, 15.10 Uhr/RTL und Sky) verlief mit Rang sechs überaus ordentlich.