Thüringische Landeszeitung (Jena)
Das lange Warten auf die Spiele in Japan
Am Wochenende wären die Olympischen Spiele in Tokio feierlich zu Ende gegangen. Viele Fragen sind offen, ob die Wettkämpfe im nächsten Jahr steigen
Koffer packen, hätte es jetzt geheißen. Am Sonntag die glänzende Schlussfeier im prächtigen Olympia-Stadion von Tokio, dann ab zum Flughafen und nach Hause. Es war großartig, Japan. Und auch die meiste Zeit überhaupt nicht so schwülheiß wie all deine Kritiker noch vor einem Jahr prophezeiten. Nur die letzten Tage brannte die Sonne, und schwül ist es ja eh immer im Sommer.
Dann also: Sayonara. So etwa hätte wohl das Resümee der meisten Athleten und Besucher der für dieses Jahr geplanten Olympischen Spiele in Tokio geklungen. Doch es kam alles anders. Das Coronavirus stellt die Olympia-Welt auf die Geduldsprobe – und Japan vor Mammutaufgaben. Und dazu die bange Frage: Klappt's 2021?
„Du brauchst die Kraft der Hoffnung, um Widrigkeiten zu überwinden“, sagte Japans SchwimmSuperstar Rikako Ikee kürzlich bei einer kleinen Zeremonie zum zweiten Ein-Jahr-bis-zu-den-Spielen Countdown im Olympiastadion, gänzlich ohne Zuschauer. Beim ersten Countdown vor einem Jahr erstrahlte noch ein prächtiges Feuerwerk am Himmel, diesmal war niemandem recht zum Feiern zumute.
Ikee war der Star der Asien-Spiele vor zwei Jahren, als sie in Jakarta sechs Gold-Medaillen gewann. Sie hätte das Gesicht der Olympischen
Spiele in ihrer Heimat werden können. Doch im vergangenen Jahr wurde Leukämie bei ihr diagnostiziert. Jetzt hofft die 20-Jährige, bei den Sommerspielen 2024 in Paris antreten zu können.
Mit der gleichen Hoffnung wie sie gehen Japans Olympia-Macher nun die Vorbereitungen für die Spiele 2021 an. Vor einem Jahr war noch das heiß diskutierte Thema Sommerhitze das größte Problem. Die
Marathon- und Geher-Wettbewerbe sollten in das 800 Kilometer nördlich gelegene Sapporo verlegt werden. Tokios Gouverneurin Yuriko Koike zürnte, den Steuerzahler kostete es weitere Millionen.
Und jetzt also Covid-19. Wie sicher wird es in Japans MillionenHauptstadt sein, wenn 15.400 Athleten im Land eintreffen? Wird es ausländische Zuschauer geben? Wird es überhaupt Zuschauer geben? Und was ist mit all den freiwilligen Helfern, den Tausenden von Journalisten und all den Offiziellen, die im Hintergrund arbeiten? Wie sollen sie geschützt werden?
Japans Olympia-Macher haben mehrfach betont, dass es noch Monate dauern werde, bis es zu all diesen und anderen Fragen, darunter den Kosten, Antworten geben wird. Zwar steht Japan im Vergleich zu anderen Staaten in der Corona-Krise derzeit noch relativ gut da. Bislang zählt das Land rund 45.000 Infektionen und etwas über 1000 Tote in Folge der Lungenkrankheit. Doch nun steigen die Fallzahlen wieder besorgniserregend an.
Und so ist von Olympia-Fieber in Japan derzeit nichts zu spüren. Nur für die in Tokios Bucht schwimmenden gigantischen Olympischen Ringe heißt es: Sayonara. Sie wurden zu Instandhaltungsarbeiten entfernt. Nach rund vier Monaten wollen Japans Olympia-Macher sie wieder an derselben Stelle installieren lassen. Mit der Hoffnung auf 2021.