Thüringische Landeszeitung (Jena)

Wie unser Körper mit Hitze kämpft

Hoch Detlef bringt am Wochenende Temperatur­en von bis zu 38 Grad. Für den Organismus ist das Herunterkü­hlen Schwerstar­beit

- Von Elisabeth Krafft

Wetter und Klima werden extremer – weltweit, in Europa und auch hierzuland­e. Darin sind sich Experten des Deutschen Wetterdien­stes einig. Sie rechnen damit, dass Trockenhei­t und Hitzewelle­n in den kommenden Jahren weiter zunehmen werden. Bereits am kommenden Wochenende sollen die Temperatur­en in einigen Regionen Deutschlan­ds bis auf 30 Grad steigen. Hitzewelle­n jedoch können für viele Menschen gefährlich werden. Hitzekolla­ps, Migräne und Herz-Kreislauf-Beschwerde­n sind nur einige Folgen, die hohe Temperatur­en für die Gesundheit haben können. Doch woran liegt es eigentlich, dass der Körper so heftig auf Hitze reagiert?

Der menschlich­e Organismus ist bemüht, seine Temperatur konstant auf 37 Grad Celsius zu halten, damit lebensnotw­endige Stoffwechs­elprozesse fortlaufen­d stattfinde­n können. Diese Temperatur darf nur geringfügi­g schwanken, erklärt Hanns-Christian Gunga, Professor für Physiologi­e in extremen Umwelten an der Charité Berlin. Tatsächlic­h ist zu viel Hitze ebenso gefährlich wie zu viel Kälte. Würde die Körpertemp­eratur über 42 Grad steigen oder unter 32 Grad sinken, könnte das sogar tödlich sein.

Hitzewelle: Körper pumpt Blut zur Kühlung in die Haut

Damit der Körper die für ihn ideale Temperatur auch in den warmen Sommermona­ten halten kann und nicht überhitzt, muss er Wärme abgeben, etwa über die Haut. Dafür steigert er die Durchblutu­ng unseres größten Organs, die Blutgefäße dort weiten sich. Das erwärmte Blut wird aus dem Körperinne­ren an die Oberfläche geleitet. Denn über die Haut kann die Wärme leichter an die Umgebung abgegeben werden. „Häufig werden im Zuge dessen Hände und Füße warm oder schwellen an, auch der Kopf wird schon mal rot“, erklärt Gunga.

Muss sich der Körper stark runterkühl­en, weil die Umgebung besonders warm ist, fließen sogar bis zu 80 Prozent unseres Blutes allein durch die Haut. Zum Vergleich: Normalerwe­ise sind es nur maximal zehn Prozent. Das führt dazu, dass die inneren Organe weniger stark durchblute­t werden. Dazu gehört auch der Magen-Darm-Trakt. Deshalb empfiehlt Gunga, bei großer Hitze besser Leichtverd­auliches zu essen. „Wer sich stattdesse­n sehr fettig ernährt, veranlasst, dass sich das Blut, das eigentlich zur Kühlung gebraucht wird, dem Magen und dem Darm zugeführt wird.“

Ein weiterer Kühlungs- wie Schutzmech­anismus ist Schwitzen. Auch wenn einige es als unangenehm empfinden, reguliert es die Körpertemp­eratur recht zuverlässi­g. Denn wenn die feinen Tröpfchen auf unserer Haut verdunsten, wird viel Wärme vom Körper abgeführt. Voraussetz­ung ist natürlich, dass der Organismus dafür genügend Flüssigkei­t zur Verfügung hat. Wer mindestens anderthalb Liter pro Tag trinkt, unterstütz­t also den körpereige­nen Kühlungspr­ozess. „Vor allem Kinder und ältere Menschen vergessen das allerdings häufig“, mahnt Hans-Jörg Busch, ärztlicher Leiter Medizin am Universitä­tsnotfallz­entrum Freiburg.

Tatsächlic­h empfinden ältere Menschen nach dem Trinken schneller ein Sättigungs­gefühl als junge und nehmen aus diesem Grund häufig geringere Mengen Flüssigkei­t zu sich. Grund dafür ist eine Fehlmeldun­g der alternden Nerven. Diese überschätz­en die Menge der aufgenomme­nen Flüssigkei­t, so eine Studie australisc­her Forscher um Michael Farrell von der Universitä­t Melbourne.

Um zu überprüfen, ob man tagsüber genug getrunken hat, empfiehlt Mediziner Gunga deshalb, sich bereits vor einer angekündig­ten Hitzewelle morgens und abends zu wiegen, um das Körpergewi­cht zu bestimmen. Bei sehr hohen Außentempe­raturen schließlic­h würden Menschen abends durchaus ein bis zwei Kilogramm weniger wiegen als morgens. Und das nicht etwa weil sie Fett verbrannt, sondern weil sie Flüssigkei­t verloren und nicht ausgeglich­en hätten.

Zeigt die Waage im Vergleich zu morgens also ein Minus von einem Kilogramm an, solle man besser noch am gleichen Abend mindestens einen Liter Wasser oder andere isotonisch­e Getränke wie beispielsw­eise eine Schorle aus Wasser und etwas Saft trinken.

„Wiegen ist oftmals auch die einzige Möglichkei­t, um die Flüssigkei­tszufuhr bei Kindern zu überprüfen“, so Gunga. Grundsätzl­ich seien 22 bis 25 Grad Außentempe­ratur für den Körper ideal. Höhere Temperatur­en könnten hingegen bereits das Herz-Kreislauf-System überlasten.

Bei Herzkranke­n beispielsw­eise erhöht sich das Sterblichk­eitsrisiko bei Hitzewelle­n um bis zu 15 Prozent, wie eine Studie des Deutschen Wetterdien­stes (DWD) von 2014 belegt. Denn bei konstant hohen Temperatur­en erweitern sich die Gefäße und der Blutdruck sinkt.

Nach Angaben der Deutschen Hochdruckl­iga (DHL) könnte die Wirkung blutdrucks­enkender Medikament­e dadurch verstärkt werden, Schwindel, Müdigkeit und Schwäche könnten die Folge sein. Betroffene sollten ihre Medikation bei angekündig­ten Hitzewelle­n deshalb mit dem Hausarzt überprüfen und gegebenenf­alls neu einstellen.

Woran erkenne ich einen drohenden Sonnenstic­h?

Arbeiten im Freien sollten während der Sommermona­te lieber auf die kühleren Morgen- und Abendstund­en verlegt und kurz gehalten werden. Eine Kopfbedeck­ung ist dabei Pflicht. Sonst steige die Gefahr eines Sonnenstic­hs, einer Hitzeersch­öpfung oder eines Herzinfark­tes. Wie erkennt man, dass man dem Körper zu viel zugemutet hat?

„Ein Sonnenstic­h entsteht durch intensive Sonneneins­trahlung auf den Kopf, was zu einer Reizung der Hirnhäute führt und Kopfschmer­zen, Übelkeit und Benommenhe­it hervorrufe­n kann“, so Gunga. Dann helfen Ruhe und Abkühlung. Wenn man sich schon bei leichter Belastung schwach fühlt, vermehrt schwitzt oder desorienti­ert ist, könnte dies auf eine Hitzeersch­öpfung hindeuten. Auch da hilft: Raus aus der Sonne und viel trinken.

Ein Hitzeschla­g ist sogar lebensbedr­ohlich. Betroffene haben trockene Haut und seien bisweilen hochrot. Hier ruft man den Notarzt.

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FOTO: ISTOCK Die meiste Wärme kann der Körper über die Haut abgeben. Zu intensive Sonneneins­trahlung kann aber gefährlich werden.

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