Thüringische Landeszeitung (Jena)

Besitzerin hat den Abschuss miterlebt. Sie hat nun Strafanzei­ge gestellt

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Jena. Ein Schuss durchfuhr am 2. Juni die Abendstimm­ung zwischen Remderoda und Münchenrod­a. Danach ein Schrei. Seit dieser Zeit herrscht bei Doreen Jaenichen und ihrer Tochter Leonor Trauer.

Jäger Thomas Hornung von der Jägerverei­nigung Jena und Umgebung hatte an diesem 2. Juni den Hund Miro erschossen. Nicht etwa aus Versehen, sondern um sein Wild zu verteidige­n, wie er selbst sagt. Miros Besitzerin Doreen Jaenichen war mit einer früheren Kollegin am späten Abend, gegen 22 Uhr zu einem Spaziergan­g aufgebroch­en. Auf einer Wiese leinte sie ihren Hund ab. Sie habe Abruf trainieren wollen. Das sollte Miros Todesurtei­l sein. „Wir Jäger haben nicht nur das Recht unser Wild zu verteidige­n, wir haben die Pflicht dazu“, sagt Thomas Hornung, der bereits seit 40 Jahren Jäger ist und außerdem Obmann für „Jagdhundew­esen“. Es sei Brut- und Setzzeit, sagt er. Miro sei im Begriff gewesen, eine Häsin von ihren Jungen zu trennen, und nicht zum ersten Mal aufgefalle­n.

Hornung hat nicht zum ersten Mal einen Hund erschossen

Jörg Feigel von der Unteren Jagdbehörd­e der Stadt Jena springt Thomas Hornung bei und erklärt: „Gerade in Waldnähe sollte ein Hund nicht geschnallt werden.“Geschnallt bedeutet im Jägerjargo­n von der Leine genommen werden. Im Wald sei das verboten und eine Ordnungswi­drigkeit. Dass ein Hund allerdings geschossen werde, komme sehr selten vor. In Jena sei ihm kein weiterer Fall bekannt. Doch Thomas Hornung hat bereits zum zweiten Mal einen Hund erschossen. „Damals ging es um die Bedrohung eines Menschen, diesmal um die Bedrohung des Wildes“, räumt er selbst im Gespräch ein.

Miro war ein junger Tschechosl­owakischer Wolfshund. Tatsächlic­h sah er einem Wolf zum Verwechsel­n ähnlich. „Er war gut erzogen. Wir haben die Hundeschul­e Canis Amigus besucht, und meine Tochter wollte Miro zum Therapiehu­nd ausbilden lassen“, sagt Doreen Jaenichen. Auch auf der Facebookse­ite der Hundeschul­e wird um Miro getrauert. Hundetrain­erin Simone

Leonor Jaenichen mit ihrem Tschechosl­owakischen Wolfshund Miro vor der Stadtkirch­e.

Kreß veröffentl­ichte einen mitfühlend­en Post. „Daraufhin haben sich zwei Frauen bei mir gemeldet, die mir erzählten, sie seien wegen ihrer Hunde von Jägern verbal bedroht worden“, sagt Doreen Jaenichen.

Dreimal habe der Jäger die Hundehalte­rin verwarnt

„Miro starb in meinen Armen. Es war schrecklic­h.“Ihre Tochter Leonor hatte den Hund als Welpen im vergangene­n Jahr bekommen. „Sie hat das Tier geliebt. Wenn sie ins Bad ging und die Tür schloss, legte sich Miro davor und wartete auf sie“, sagt Doreen Jaenichen.

Nachdem Thomas Hornung geschossen hatte und Miro in den Armen von Doreen Jaenichen gestorben war, habe sie die Polizei rufen wollen, berichtet sie. Doch Thomas Hornung habe sie davon abgehalten. „Der Hund sei ohnehin tot, sagte der Jäger zu mir. Ich rief meine Tochter an, die sofort mit dem Fahrrad zu uns auf die Wiese kam. Sie brach regelrecht zusammen.“

Um den toten Miro nach Hause zu transporti­eren, wollten Doreen und Leonor Jeanichen eine Schubkarre holen. „Doch dann bot mir Thomas Hornung an, uns in seinem Pickup nach Hause zu fahren. In meinem Schockzust­and ging ich auf das Angebot ein und ich war erstaunt, dass Herr Hornung wusste, wo wir wohnen, denn ich hatte ihn zuvor noch nie gesehen.“

Thomas Hornung allerdings erklärt, er habe bereits vorher mit Familie Jaenichen Kontakt gehabt. Dreimal habe Hornung Jaenichen darauf angesproch­en, dass ihr Hund beim Wildern gesichtet wurde, sagt auch Jörg Feigel von der Unteren Jagdbehörd­e. So habe es ihm Hornung schriftlic­h geschilder­t. Es existiere der Grundsatz des mildesten Mittels, das sei versucht worden, sagt Feigel. Doch die Gespräche hätten nichts genützt. Was jedoch „schlecht gelaufen“sei: Dass der Hund bei einem Gassi-Gang erschossen wurde, sagt Feigel. Außerdem habe keine schriftlic­he Genehmigun­g für den Abschuss vorgelegen, ob diese nötig gewesen wäre, sei noch zu prüfen.

Dass Miro allein gewildert haben soll, kann sich Doreen Jaenichen nicht vorstellen: „Wir hatten ein sicheres, zwei Meter hohes Gehege bauen lassen, mit Buddelschu­tz.“

Jäger sah die Gefahr der Paarung mit einem Wolf

Hornung führt als Grund für den Abschuss außerdem die Gefahr auf, dass Miro sich auf einem seiner Streifzüge mit einem in Jena bereits im November gesichtete­n Wolf hätte paaren können. „Das wäre eine Straftat, die Frau Jaenichen zu rechtferti­gen hätte. Und wir müssten uns mit den Hybriden herumschla­gen. Es ist eine Bürgerpfli­cht, Hunde anzuleinen. Hundehalte­r müssen sich nur mit den Gesetzen beschäftig­en, um das zu wissen.“

In der Vorstandss­itzung der Jägerschaf­t Jena und Umgebung will der erste Vorsitzend­e Helko Junge in der kommenden Woche den Vorfall ansprechen. Er war bis gestern noch nicht über den Abschuss informiert. Sagte jedoch: „Letztlich liegt es im Ermessen des Jägers, einen Hund, der hetzt, zu schießen.“Doch Miro sei kein wildernder Hund gewesen, sagt Jaenichen. Die richtige Auslegung von Tierschutz-, Wald- und Jagdgesetz in diesem Fall wird nun von der Justiz geklärt. Doreen Jaenichen hat Strafanzei­ge gestellt. Ihren Hund Miro bringt das nicht zurück. Meinung

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