Thüringische Landeszeitung (Jena)
Rechnungshof rügt Spahn für überhöhte Zahlungen
Berlin. Deutschland kehrt langsam zur Normalität zurück. Das ließ sich am Donnerstag an zwei Zeichen erkennen: Zum einen ist die Sieben-Tage-Inzidenz erstmals seit acht Monaten unter die Marke von 20 gesunken. Das Robert-Koch-Institut (RKI) gab den Wert mit bundesweit 19,3 an – zuletzt war ein so niedriger Wert Anfang Oktober verzeichnet worden. Zum anderen trafen sich die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten mit der Kanzlerin – und sprachen dabei kaum über Corona.
Stattdessen ging es um eine Beschleunigung des Netzausbaus und die Entwicklung einer sicheren elektronischen Identität. Die aktuelle Pandemielage befand sich zwar auch auf der Tagesordnung des regulären Treffens, das in normalen Zeiten zweimal im Jahr (im Juni und
Besucher eines Cafés in Berlin genießen ihre neue Freiheit.
Dezember) stattfindet. Sie war aber schnell abgehandelt.
Der strittigste Punkt war dabei die Frage, welche Regeln künftig für Großveranstaltungen gelten sollten. Die SPD-Seite hatte sich für einheitliche Rahmenbedingungen für Großveranstaltungen ausgesprochen. Doch das wollten die unionsregierten Länder nicht. Deshalb wurde das Thema einer Arbeitsgruppe der Leiter und Leiterinnen der Staatskanzleien übertragen und damit vertagt.
Einig war man sich, dass die Impfzentren über den 30. September hinaus fortgeführt werden sollen, etwa, um die dann anstehenden Auffrischimpfungen für ältere Menschen flächendeckend organisieren zu können.
In der abschließenden Pressekonferenz äußerte sich Angela Merkel (CDU) zunächst vorsichtig optimistisch: „Die Entwicklung ist extrem erfreulich zurzeit, was die Fallzahlen anbelangt.“Doch dann folgte umgehend eine Warnung. Corona sei noch nicht vorbei, mahnte die Kanzlerin: „Was uns Sorge macht, ist die sogenannte Delta-Variante.“Diese führe in Großbritannien – trotz des hohen Impfstandes – gerade zu einem exponentiellen Wachstum. Wichtig sei deshalb, die Inzidenzen niedrig zu halten und das Impfen voranzutreiben.
Der Chef der Linken im Bundes- tag, Dietmar Bartsch, kritisierte die Ergebnisse der Konferenz: „Die Runde heute war eher ein Brems- klotz auf dem Weg in die Normali- tät“, sagte er unserer Redaktion. „Für die Veranstaltungsbranche zum Beispiel ist es eine große Ent- täuschung. Die Menschen brau- chen Fahrplan und Perspektive über den Sommer hinaus.“
Der Präsident des Deutschen Landkreistages hat Erwartungen an baldige Großveranstaltungen ge- dämpft: In der jetzigen Situation Musikfestivals wie Rock am Ring, Southside oder Rock im Park mit je- weils über 60.000 Besuchern zu er- möglichen, „können wir uns jeden- falls in nächster Zeit nicht vorstel- len“, sagte Reinhard Sager unserer Redaktion. In „zahlenmäßigen Grenzen“seien Veranstaltungen an der frischen Luft hingegen gut mög- lich.
Berlin. Der Bundesrechnungshof hat scharfe Kritik an kostspieligen Entscheidungen der Bundesregierung in der Corona-Pandemie geübt und eine strengere Kontrolle der Ausgaben verlangt. Die Regierung müsse „bei künftigen Maßnahmen zulasten der Steuerzahler stärker auf eine ordnungsgemäße und wirtschaftliche Mittelverwendung achten“, erklärten die Rechnungsprüfer. Sie bemängeln, dass der Bund zeitweise sechs Euro Erstattung für jede Schutzmaske zahlte, die Apotheken kostenlos an anspruchsberechtigte Bürger abgegeben hatten. Weiterer Kritikpunkt sind die Zahlungen, mit denen der Bund den Kliniken zusätzlich aufgestellte Intensivbetten vergütete. Das Gesundheitsministerium sei „bis heute nicht in der Lage, die Zahl der tatsächlich aufgestellten sowie die der zusätzlich angeschafften Intensivbetten verlässlich zu ermitteln“.