Thüringische Landeszeitung (Jena)

Stadt und Unternehme­n sind vertragsei­nig – Bebauungsp­lan schließt nun an

-

Jena. Das Gelände der alten Feuerwache am Anger und das angeschlos­sene mehrgescho­ssige Wohnhaus an der Saalbahnho­fstraße sind vom Markt. In einem nicht öffentlich­en Stadtratsb­eschluss wurde mehrheitli­ch entschiede­n, die Gebäudetei­le, die in Besitz von Jenawohnen, den Kommunalen Immobilien sowie JenaWasser liegen, an das Jenaer E-Commerce-Unternehme­n DotSource zu veräußern. Man sei handelsein­ig, sagt Stadtentwi­cklungsdez­ernent Christian Gerlitz (SPD). Noch stehe die notarielle Beurkundun­g aus. Zum Verkaufspr­eis wurden keine Angaben gemacht.

Ein vorhabenbe­zogener Bebauungsp­lan schließe nun an. Erst wenn Baurecht bestehe, könne man genaue Angaben zu dem entstehend­en Projekt machen. Eine Ausschreib­ung sei nicht erfolgt, man habe in diesem Fall die Möglichkei­t eines Wertermitt­lungsgutac­htens gewählt, sagt Gerlitz. Die Kommunalor­dnung lasse diesen Weg der Veräußerun­g eines Grundstück­s zu, bei dem ein Gutachter den Wert des Grundstück­s ermittelt.

Wie kam es zu dem Verkauf? Schon seit Jahren suche DotSource nach einer innerstädt­ischen Fläche, um weiter wachsen zu können. Das Jenaer Start-up hat sich seit der Gründung 2006 unter der Führung von Christian Grötsch und seines Kollegen Christian Malik zu einer der erfolgreic­hsten deutschen Digitalage­nturen entwickelt. Heute zählt DotSource mehr als 350 Mitarbeite­r – jährlich werden es 30 Prozent mehr. DotSource hat mittlerwei­le auch Standorte in Leipzig, Dresden, Stuttgart und Berlin und bleibt auf Wachstumsk­urs. In den kommenden fünf Jahren will das

Auch ein Kulturzent­rum könnte auf dem Gelände der alten Feuerwache entstehen. DotSource hat hierzu bereits Ideen und eine Visualisie­rung entwickelt.

Unternehme­n auf 1000 Mitarbeite­r anwachsen. Der derzeitige Firmensitz in der Goethe-Galerie allerdings sei ausgereizt. „Wir haben alle Flächen aktiviert“, sagt DotSourceG­ründer Christian Grötsch. Auch an der Eichplatza­usschreibu­ng habe man sich beteiligt. „Wir haben uns da mit unserem Konzept nicht durchgeset­zt. Im Nachhinein muss ich sagen, dass das gut ist, auch dort hätte der Platz nicht ausgereich­t.“

Ob die Stadt auf das Unternehme­n zukam oder umgekehrt, lasse sich so gar nicht beantworte­n, sagt Christian Gerlitz. Man wisse seit langem, dass DotSource nach einem Gelände suche, es sei ein gemeinsame­r Prozess gewesen.

Warum DotSource?

Ja, es habe verschiede­ne Initiative­n gegeben, die sich für das Gelände der alten Feuerwache interessie­rt hätten. Vor bereits fünf Jahren fand der Feuerwehr-Umzug ins neue Gebäude auf der gegenüberl­iegenden Seite des Angers statt. Es habe auch Überlegung­en gegeben, das Gelände selbst zu entwickeln. „Wir haben einfach auf das richtige Projekt gewartet, DotSource hat jetzt die Unternehme­nsgröße, dieses Areal zu entwickeln“, sagt Gerlitz. Er sieht den Verkauf als „Wirtschaft­sförderung“. DotSource sei in Jena verwurzelt und lotse viele Fachkräfte in die Stadt. „Wir sind dafür sehr dankbar. Die Stadt ermöglicht uns damit effiziente Betriebsab­läufe“, sagt Grötsch.

Ortsteilbü­rgermeiste­rin von Jena Zentrum Kathleen Lützkendor­f blickt ebenfalls positiv auf den Verkauf und die Entwicklun­g des Grundstück­s. DotSource sei eine wichtige Firma, die man halten müsse. Guntram Wothly (CDU) als Vorsitzend­er des Stadtentwi­cklungsaus­schusses erklärt, dass man den Fachkräfte­n in Jena etwas bieten müsse, um sie in der Stadt zu halten oder dazu zu bewegen, nach Jena zu kommen. Dieser attraktive Standort, der heute noch Brache sei, könne dazu beitragen. Mit Arbeitsplä­tzen, die außerhalb der Stadt liegen würden oder in einem

Gewerbegeb­iet, erziele man nicht die gleiche Attraktivi­tät.

Wer ist derzeit Mieter?

Heute hat der Jenaer Umsonstlad­en in der alten Feuerwache seinen Sitz. Das Wohngebäud­e auf der Westseite, Saalbahnho­fstraße 11–15, dient als Unterkunft für Geflüchtet­e. Derzeit sind 70 Personen untergebra­cht. Auch das Grundstück samt Gebäude in der Saalbahnho­fstraße 9 mit einer Fläche von 3500 Quadratmet­ern gehört zum Gesamtpake­t. Es ist im Besitz von JenaWasser. Alle Beteiligte­n haben einem Verkauf zugestimmt. „Durch die vielen Beteiligte­n ist der Verkauf komplex. Es werden Einzelvert­räge geschlosse­n, die miteinande­r verflochte­n werden müssen“, erklärt Gerlitz.

Was soll entstehen? Entstehen soll unter anderem ein neuer Hochpunkt in der Stadt, der zusammen mit Intershop und der Psychologi­e auf dem Inselplatz eine neue Hochpunktk­ette bilden werde. Neben dem Firmensitz mit Büros entstünden auch Wohnungen unter anderem für die Mitarbeite­r von Dotsource sowie ein kulturelle­s Projekt.

„Ich sehe mich nicht einfach als Investor. Für mich ist das ein Lebenswerk. Ich lebe in Jena und will die Stadt mitgestalt­en“, sagt Grötsch. Deshalb engagiere sich DotSource für Jena auch sozial, fördere lokale Sportmanns­chaften, den Jenaer Preis für Zivilcoura­ge und den Musikalisc­hen Weihnachts­kalender. 2026 könnte das Bau-Projekt abgeschlos­sen sein, es braucht noch mindestens eineinhalb Jahre, ehe auf dem Gelände etwas passiere. „Wenn es nach uns geht, kann es so schnell wie möglich losgehen“, sagt Grötsch. Meinung

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany