Thüringische Landeszeitung (Jena)
Der deutsche Spielort steckt wie die DFB-Elf in den letzten Vorbereitungen auf die EM
München. Ziemlich verlassen liegt die Münchner Arena da, fast wirkt sie ein bisschen aus der Zeit gefallen. An der Brücke über den Zubringer Werner-Heisenberg-Allee steht „UEFA EURO 2020“in großen weißen Lettern auf jenem türkisfarbenen Untergrund, der das Design dieser paneuropäischen EM 2021 prägt. Auch auf der Esplanade, über die die Fans von der U-Bahn-Station Fröttmaning aus zum Stadion laufen, hat der neue Hausherr Uefa seine Banner angebracht. Abmontiert von der Fassade wurden dafür die bekannten und von den angrenzenden Autobahnen A 9 und A 99 sichtbaren Schriftzüge „Allianz Arena“. Die Versicherung zählt nicht zu den Werbepartner dieser EM.
An diesem Freitag wird das Turnier mit einem Jahr Verspätung mit dem Auftaktspiel Türkei gegen Italien in Rom eröffnet. Und während die deutsche Nationalmannschaft nach ihrem freien Mittwoch am Donnerstag damit begann, sich im Training den Feinschliff für ihr erstes Spiel zu holen, laufen auch in der Münchner Arena die letzten Vorbereitungen auf die vier EM-Partien, die hier stattfinden werden. Über die elektronischen Werbebanden
flackern bereits die Schriftzüge der Uefa-Partner. Über den Rasen tuckert ein kleiner Traktor, um das Grün in eine optimale Verfassung zu bringen. Und unter dem Arenadach hängen sogar schon seit ein paar Tagen die Fahnen von Weltmeister Frankreich und Deutschland, die hier am Dienstagabend zum ersten Spiel in München verabredet sind. Anschließend trifft das Team von Bundestrainer Joachim Löw hier auf Europameister Portugal (19. Juni) und auf Ungarn (23. Juni).
Zudem wird in München ein Viertelfinale ausgetragen (2. Juli).
Jeweils rund 14.000 negativ getestete Zuschauer sollen die Arena bevölkern, was 20 Prozent der Kapazität entspricht. Damit dürfte es beinahe schon wieder wie früher klingen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach bereits mit Vorfreude von einem „ganz wichtigen Signal“, dieses Turnier könne „ein neues Lebensgefühl und Lebensfreude bringen“.
Von einer EM-Begeisterung ist in München allerdings wenig zu spüren, eher Gleichmut, jedenfalls bisher. Fernab der Arena muss man sich schon sehr genau umschauen, um zu bemerken, dass die Stadt in wenigen Tagen Schauplatz eines kontinentalen Großereignisses sein wird. Davon ist in der Kaufingerstraße, der zentralen Fußgängerzone zwischen Marienplatz und Stachus, ebenso kaum etwas zu erkennen wie in Sportgeschäften und Supermärkten, in denen man die Merchandising-Artikel vor den vorherigen Turnieren nicht übersehen konnte. Nun aber wird die EM in der Stadt allenfalls punktuell sichtbar durch Uefa-Werbeplakate wie am Maxmonument oder Uefa-Fahnen wie am bekannten Gärtnerplatz. Aus einem Anwohnerfenster hängt dort seit ein paar Tagen zudem eine einsame DeutschlandFahne schlapp im Wind. Euphorie sieht anders aus, aber die kann ja noch kommen. Auch ohne großes Public-Viewing, dem am Mittwoch in der Stadtratssitzung eine endgültige Absage erteilt wurde. In Biergärten dürfen die Spiele übertragen werden, aber nur unter Auflagen.
Es gibt noch einige offene Fragen. Zu diesen zählt auch, ob die Anund Abreise sowie die Fanströme wirklich so geregelt werden können, dass die Corona-Risiken möglichst minimiert werden. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sprach von einer „gesicherten Zerstreuung der Zuschauer vor und nach dem Spiel“. Um diese zu erreichen, wurden die Fans aufgefordert, möglichst mit dem Auto zur Arena zu fahren und die 4500 Parktickets zu nutzen, die der DFB für Karteninhaber reserviert hat.
Die Polizei blickt derweil mit Sorge vor allem auf die beliebten öffentlichen Plätze, auf denen in München derzeit zwar ab 20 Uhr ein Alkoholverbot gilt, das aber schon jetzt oft nicht beachtet wird. Man werde an allen Spieltagen mit zusätzlichen Kräften im Einsatz sein, besonders bei den Partien der deutschen Mannschaft, hieß es.