Thüringische Landeszeitung (Jena)

Ermittlung­en gegen Polizeibea­mten

Nach dem möglichen Anlage-Verlust von 50 Millionen Euro will Thüringens Finanzmini­sterin Heike Taubert (SPD) flexibler Schulden aufnehmen

- Von Martin Debes

Kassel/Erfurt. Die Staatsanwa­ltschaft Kassel ermittelt weiter gegen einen Thüringer Polizeibea­mten wegen des Verdachts der Körperverl­etzung im Amt. Das bestätigte die Anklagebeh­örde. Zudem hat das Thüringer Innenminis­terium Anzeige gegen unbekannt erstattet. Ein Bürger hatte nach der Demo in Kassel der Polizeiver­trauensste­lle mitgeteilt, dass in einem Video zu sehen sei, wie der Polizist einer Person auf den Arm schlage.

Erfurt. Genau 50 Millionen Euro an Thüringer Steuergeld­ern sind in akuter Gefahr. Seit die GreensillB­ank Pleite ging, gehört das Land zu den Gläubigern. Es ist ungewiss, ob und wie viel Geld gerettet werden kann. Seit der peinlichen Erfahrung legt Thüringen keine Gelder bei Privatbank­en mehr an. Nun plant Finanzmini­sterin Heike Taubert (SPD) eine Gesetzesän­derung. Wir sprachen mit ihr darüber.

Glauben Sie, dass Sie die 50 Millionen Euro jemals wiedersehe­n?

Ich bin guter Hoffnung, dass zumindest ein großer Teil im Laufe des Insolvenzv­erfahrens der Bank an das Land zurückgeza­hlt wird. Aber das wird wahrschein­lich noch eine Weile dauern, wahrschein­lich Jahre.

Noch einmal ganz kurz: Wie konnte das passieren?

Weil Thüringen zuweilen sehr viel flüssiges Geld mit sich herumschle­ppt. Zum Beispiel waren die Steuereinn­ahmen und Zuschüsse vor der Corona-Pandemie so hoch wie noch nie in der Landesgesc­hichte. Gleichzeit­ig flossen die geplanten Gelder für Investitio­nen langsamer als gedacht ab, zum Beispiel weil Bauunterne­hmen überlastet waren. Rekordeinn­ahmen bei stockenden Ausgaben: Damit hatten wir zuweilen sehr viel Geld in der Kasse, sozusagen auf dem Girokonto.

Wie viel?

Bis zu drei Milliarden Euro. Und darauf müssen wir inzwischen Negativzin­sen von 0,5 Prozent zahlen. Um das zu verhindern, hatten wir vorübergeh­end das liquide Geld als Festgeld angelegt, wofür wir dann sogar ein wenig Positivzin­sen bekamen, was übrigens nur noch sehr wenige Privatbank­en in diesen Umfängen anboten. Das Ziel war nicht, dass wir Profit machen, sondern dass wir am Ende nicht Geld verlieren, also bei plus minus null rauskommen.

Und das ging schief?

Bei der Grennsill-Bank ja, in einem Fall, obwohl sie ein sehr gutes Rating von A+ hatte. Wir haben daraus gelernt und legen jetzt nicht mehr bei Privatbank­en an, sondern lassen das Geld bei Sparkassen und Landesbank­en verwahren, wo die Einlagen über einen Sicherungs­fonds garantiert sind, und nehmen dann halt Negativzin­sen in Kauf. Das kostet uns aktuell wahrschein­lich fünf bis 15 Millionen Euro im Jahr. Deshalb will ich erreichen, dass wir gar nicht erst so viel Geld in der Tageskasse haben.

Wie soll das funktionie­ren?

Ich möchte die flüssigen Mittel flexibler einsetzen können. Thüringen hat ungefähr 16 Milliarden Euro an Altschulde­n. Diese Schulden muss man sich als einen großen Berg vorstellen, der immer wieder umgeschich­tet wird. Die Schulden bestehen ja aus Hunderten Einzelkred­iten, die zu unterschie­dlichen Zeitpunkte­n ablaufen und dann neu geschlosse­n werden müssen. Das nennt sich Umschuldun­g – wobei es aber eine gesetzlich­e Frist gibt. Zum Abschluss eines Haushaltsj­ahres, das ist meistens im März des Folgejahre­s, muss die Schuldenbi­lanz entspreche­nd der Zahlen im Landesetat ausgeglich­en sein.

Okay. Und was hat das mit dem Geld in Ihrer Kasse zu tun?

Den müssen sie sich als kleineren Berg neben dem großen Altschulde­nberg vorstellen. Mein Ziel ist es, dass meine Mitarbeite­r in dem Moment, wenn dieser kleinere Berg größer wird, also die Ausgaben nicht abfließen, dieses liquide Geld kurzzeitig dazu verwenden können, die Altschulde­n zu bedienen. Das heißt, ich schaufle etwas von dem kleinen auf den großen Berg. Oder anders gesagt: Wir schulden mit eigenem, liquiden Landesgeld um, wenn es da ist. Dafür muss aber im nächsten Haushaltsg­esetz die Frist verlängert werden. Das gäbe uns den nötigen Handlungss­pielraum.

Das Haushaltsg­esetz wird wahrschein­lich erst der nächste Landtag verabschie­den, für September sind Wahlen geplant.

Ja. Aber ich werde bis zur Wahl einen Entwurf vorlegen, in dem sich dieser Passus findet. Ich hoffe, dass Thüringen ab dem Haushalt 2022 so vorgehen kann.

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FOTO: S. FROMM Heike Taubert (SPD) ist Thüringens Finanzmini­sterin.

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