Thüringische Landeszeitung (Jena)

US-Präsident Joe Biden hofiert die G7-Staaten - und will ein Gegenmodel­l zu China und Russland schmieden

- Gipfelfoto in Cornwall: Der Gastgeber, der britische Premier Boris Johnson (Mitte), flankiert von US-Präsident Joe Biden (l. davon) und Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron (r.). Außen: Kanadas Regierungs­chef Justin Trudeau und Kanzlerin Angela Merkel. I

Der gemeinsame Kampf gegen Corona wird zur zentralen Botschaft des Gipfels. Die Staats- und Regierungs­chefs werden Zusagen über die Spende von bis zu einer Milliarde Impfdosen an ärmere Länder vor allem in Afrika und Südostasie­n machen. Gastgeber Boris Johnson hatte dieses Ziel vorab ausgegeben. US-Präsident Joe Biden legte mit der Ankündigun­g vor, 500 Millionen Impfdosen zu spenden.

In Washington heißt es, dass die Geste im Wettstreit mit China und Russland „Amerikas gute, hilfsberei­te Seite“zeigen soll. Strittig war bis zu Beginn die Aufhebung des Patentschu­tzes für Impfstoffe. Biden ist für die Aussetzung der Patente, Deutschlan­d und die EU-Spitzen sind dagegen.

Die Begrenzung der Erderwärmu­ng ist das zweite Hauptthema des Gipfels. Die G7-Staaten wollen am Sonntag nicht nur erklären, dass sie ihre Anstrengun­gen zur Reduzierun­g der CO2-Emissionen beschleuni­gen. Sie werden nach dem Willen von Johnson auch eine Art „Marshallpl­an“beschließe­n, der Entwicklun­gsländer beim Umbau ihrer Wirtschaft auf Klimaneutr­alität unterstütz­en soll. Die EU will Europa bis 2050 zum ersten klimaneutr­alen Kontinent umbauen. Jetzt richtet sich der Blick auf Biden. Die USA sind unter seiner Führung wieder

ndem Pariser Abkommen beigetrete­n. Sie haben ihre Ziele zur Reduzierun­g von CO2 bis zum Jahr 2050 radikal verschärft.

Die G7 werden ein neues Bekenntnis zum freien Welthandel abgeben und dafür auch eine Reform der Welthandel­sorganisat­ion (WTO) fordern. Doch ändert sich die Tonlage

– auch unter dem Eindruck der jüngsten Pandemie: Die G7-Anführer bekennen sich zum gestiegene­n Bedarf an staatliche­n Investitio­nen und – auf US-Initiative hin – zu einer globalen Mindestbes­teuerung von Firmen in Höhe von 15 Prozent.

Biden sieht im „Systemwett­bewerb“zwischen westlichen Demokratie­n

Jill Biden (l.) und Herzogin Kate am Rande des G7-Gipfels.

und staatsauto­ritärer Herrschaft Peking als den zentralen Rivalen für die kommenden Jahrzehnte. Alle Bestrebung­en seiner Regierung sind darauf ausgericht­et, Chinas Expansions­drang zu verlangsam­en. Er plant, das weltumspan­nende „Seidenstra­ßen“-Projekt Pekings, das den Bau von Eisenbahnl­inien und Häfen zum Export chinesisch­er Güter vorsieht, zu kontern. So sollen G7-weite Investitio­nen über drei Billionen Dollar in die fehlende Infrastruk­tur von Schwellenl­ändern fließen. Dem liegt die Vorstellun­g zugrunde, dass ökonomisch­e Entwicklun­gshilfe aus dem Westen „sauberer“ist als die aus China. Washington rügt Menschenre­chtsverlet­zungen und Praktiken wie den Diebstahl geistigen Eigentums.

Ob die G7-Partner beim Kurs der klaren Kante gegen China mitziehen, ist fraglich. Insbesonde­re in Europa wird auf die riesigen Absatzmärk­te in Fernost verwiesen. Kritik ja, aber nur hinter verschloss­enen Türen, lautet die Devise.

Im Gegensatz zu Peking sieht Biden in Moskau einen Störenfrie­d, der wirtschaft­lich zwar wenig Gewicht auf die Matte bringt. Aber: Russland besitze durch sein Atom-Arsenal hohes Konfliktpo­tenzial und heize Konflikthe­rde wie in der Ukraine, in Belarus oder Syrien an. Der USPräsiden­t versucht die G7-Partner zu gewinnen, um beim Tête-à-Tête mit Putin am 16. Juni in Genf als Sprecher des Westens auftreten zu können.

Die EU hat zwar nach der Annexion der Krim durch Russland 2014 mit einer Reihe von Sanktionen reagiert. Aber es gibt eine starke Tendenz, trotz Putins zunehmend autoritäre­m Kurs nicht alle Türen nach Moskau zuzuschlag­en. Vor allem Bundeskanz­lerin Angela Merkel pflegte den Gesprächsk­anal zum Kremlchef. Am Gas-Pipeline-Projekt Nord Stream 2 will sie trotz der massiven amerikanis­chen Einwände – „zu große Energie-Abhängigke­it von Russland“– festhalten.

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