Thüringische Landeszeitung (Jena)
Der Fairwertbar-Verein fußt auf der Jenaer Foodsharing-Initiative
Jena. Ihre Vision steht ihnen klar vor Augen, sie erlauben es sich zu träumen, auch wenn sie sich der Realität bewusst sind und wissen, welche Hürden es zu überwinden gilt. Aus der Jenaer Food-sharing-Initiative, die bereits seit dem Jahr 2014 Tag für Tag genießbare Lebensmittel in Jena vor dem Müll bewahrt, indem sie sie ehrenamtlich sammelt und verteilt, hat sich eine Gruppe herauskristallisiert, die ein weiteres Projekt für Jena auf die Beine stellen möchte: die Fairwertbar. Der Verein „Fairwertbar“befindet sich in Gründung, die Satzung ist geschrieben, die Gemeinnützigkeit muss noch anerkannt werden, dann kann es richtig losgehen für die bisher etwa 15 Mitglieder.
25 Tonnen Lebensmittel pro Jahr in Jena gerettet
Die Studentinnen Cora Henßge und Johanna Leuteritz erklären, was es mit ihrer Idee auf sich hat und was so dringend gebraucht wird: „Die Grundidee ist es, Lebensmitteln und Ressourcen besser wertzuschätzen“, sagt Johanna Leuteritz. „Wir sind es gewohnt, dass man alles jederzeit kaufen kann, man muss erst wieder lernen, die Dinge anders wertzuschätzen.“Dieses Lernen will der neue Verein unterstützen. „Wir wollen einen Raum schaffen als Begegnungsort, in dem Workshops stattfinden könnten oder Schnippel-Discos.“Schnippel-Discos? Dabei würden gerettete Lebensmittel zusammen verarbeitet. Es werde eben zusammen geschnippelt und gekocht. Doch woher kommen diese Lebensmittel überhaupt? „Foodsharing ist in Deutschland sozusagen die legale Variante, um Lebensmittel zu retten“, erklärt Cora Henßge.
Dazu hat die Jenaer Initiative, die von etwa 150 Menschen getragen wird, Kooperationen mit Supermärkten,
Johanna Leuteritz (links) und Cora Henßge vom in Gründung befindlichen Verein „Fairwertbar" wollen das Bewusstsein für den Wert von Lebensmitteln stärken.
Restaurants oder anderen Unternehmen, die ähnlich wie auch an die Tafel unverkäufliche Lebensmittel abgeben. „Wir wollen keine Konkurrenz zur Tafel sein, im Grunde sind wir eine Ergänzung, die das abnimmt, was die Tafel nicht braucht. Die Lebensmittel werden dann in verschiedenen „Fair“teilZentren abgegeben. „Dabei ist die Abgabe nicht an Bedürftigkeit geknüpft. Jeder kann kommen und sich etwas nehmen.
Durch die Pandemie sei das Verteilen schwierig geworden, momentan werde die Magdelstube, am Magdelstieg 23, besonders gut besucht. „Es gibt Tage, da bilden sich schon mal richtige Schlagen.“Doch auch in Lobeda, im DRK-Seniorenzentrum oder Winzerla, im Jugendkeller Tacheles befinden sich Verteilstationen.
Mehr als 25 Tonnen Lebensmittel werden so von der Jenaer Initiative jährlich vor der Tonne bewahrt.
Über das bloße Verteilen hinaus will nun das Fairwertbar-Team einen Schritt weiter gehen und Menschen auch aufklären, sensibilisieren, informieren. „Die Fairwertbar soll keinen gastronomischen Anspruch haben. Vielleicht wird es Tage geben, an denen man je nach Lebensmittelangebot auch Essen kocht und abgibt oder Getränke auf Spendenbasis anbietet“, sagt Johanna Leuteritz. Beispiele für solche „Foodsharing-Cafés“gibt es bereits, so zum Beispiel die „Raupe Immersatt“in Stuttgart oder das „Crumme Eck“in Halle.
Bereits jetzt sind Förderanträge gestellt, um das Projekt ins Rollen zu bringen. Auch eine Crowdfunding-Aktion soll starten.
Dringend gesucht:
Raum in Innenstadtnähe
„Am liebsten hätten wir einen Raum nahe der Innenstadt, der uns Platz für eine Industrieküche sowie eine Außenfläche bietet“, sagt Cora Henßge. „Wir wollen vor allem auch die Menschen erreichen, die sich noch nicht mit dem Thema Lebensmittelverschwendung
auseinandergesetzt haben“, erklärt Johanna Leuteritz. Deshalb brauche es Präsenz, man wolle gesehen werden, Menschen erreichen, die vorbeilaufen und vielleicht aus Interesse reinschauen. Man rechne sich Chancen aus. Zumal die Stadt Jena sich in einer Motivationserklärung zur Partnerschaft mit der Initiative bekannt habe. Man erhoffe sich also auch von dieser Seite Unterstützung.
Auch ein weitere Initiative könnte von diesem Raum profitieren, das Reparier-Café, das seit längerem ein Domizil sucht. Auch hier gehe es um Wertschätzung den Dingen gegenüber, sagt Cora Henßge. Zwischen den Mitgliedern gebe es zahlreiche Verflechtungen. www.fsjena.de.
kontakt@fairwertbar-jena.de