Thüringische Landeszeitung (Jena)

Vor 25 Jahren wurde die deutsche Mannschaft in England Europameis­ter. Jürgen Klinsmann war ihr Kapitän. Der spätere Bundestrai­ner erinnert sich mit Freude an diese Zeit – und traut dem aktuellen Team einiges zu

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Essen. Wie man eine EM gewinnt, weiß Jürgen Klinsmann. Vor 25 Jahren stemmte der ehemalige Stürmer als Kapitän der deutschen Nationalma­nnschaft in England den Europameis­ter-Pokal in die Luft, den ihm kurz zuvor die Queen übergeben hatte. Damals galt Deutschlan­d nicht als Favorit, ähnlich wie in diesem Jahr. Also Zeit für ein Gespräch. Der 56-Jährige redet über den Mannschaft­sgeist von 1996, einen Badehosen-Skandal und das Ende der Amtszeit von Jogi Löw.

Im Rahmen meiner Möglichkei­ten. Natürlich bin ich mit gutem Beispiel vorangegan­gen, weil ich unbedingt dieses Turnier gewinnen wollte. Aber entscheide­nd ist bei einem solchen Turnier nicht, was der Kapitän sagt, sondern ob die anderen auch darauf hören, was der Kapitän sagt. Aber das lief wirklich gut.

Experte für die BBC: Jürgen Klinsmann.

Die Queen strahlt im Hintergrun­d, während Jürgen Klinsmann 1996 im Wembley-Stadion in London den EM-Pokal in die Luft hält. An seinem Oberarm sitzt die Binde des Kapitäns.

Ich war auf alle Fälle bei der Geschichte nicht dabei (lacht). Einige Spieler wollten im Mannschaft­shotel in die Sauna, wussten aber nicht, dass man in England nicht nackt, sondern mit Badekleidu­ng in die Sauna geht. Andere Hotelgäste haben sich dann beschwert, und es gab kurz Aufregung. Aber das war schnell erledigt. Die Spieler, die in die Sauna gingen, wussten anschließe­nd auch, dass man in England nur mit Badehose dorthin geht.

Es war schon einiges los in Mottram Hall. Aber das Hotel war so abgelegen,

ndass mir persönlich die Abwechslun­gen eher willkommen waren. Ich war froh, wenn ich im

Hotel mal andere Menschen sah – sonst wäre es schon arg eintönig gewesen. Die Regenerati­on war jedenfalls nicht gestört – sonst hätten wir den Titel nicht gewonnen.

Natürlich alles. Es muss immer das Ziel einer deutschen Mannschaft sein, ein Turnier, an dem sie teilnimmt, gewinnen zu wollen. Wohl wissend, dass dies nicht immer klappt. Aber man trainiert doch nicht zwei, drei Wochen für ein Turnier und sagt dann: Ich bin mit dem Halbfinale zufrieden. Die deutsche Mannschaft ist nicht der Top-Favorit. Aber Griechenla­nd war 2004 von der Favoritenr­olle viel weiter weg als Deutschlan­d 2021 – und hat am Ende doch gewonnen.

Wir schreiben uns regelmäßig und telefonier­en. Jetzt vor der EM beschränkt es sich auf WhatsApp.

Ganz viel. Er hat das fortgeführ­t, was wir gemeinsam 2004 bis 2006 entwickelt haben, und somit auch dafür gesorgt, dass der deutsche Fußball internatio­nal ein besseres Ansehen hat. Wo ich internatio­nal hinkomme, spricht man nur mit Hochachtun­g von der deutschen Nationalma­nnschaft, und das ist sein Verdienst.

Ich hoffe mal, dass alle Fußballfan­s dies gut finden. Für mich ist das eine Selbstvers­tändlichke­it, weil es keine Unterschie­de aufgrund der Herkunft oder des Aussehens geben darf. Nicht im Fußball – und nicht im normalen Leben. (lacht). Eher einer wie Miro Klose. Der würde perfekt in dieses Team passen.

Harmonisch­es Duo: Jürgen Klinsmann und Joachim Löw im Jahr 2005.

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