Thüringische Landeszeitung (Jena)

Auf nach New Proschitz!

- Thomas Beier über Visionen und Grundstück­sverkäufe

Es war einmal ein Bürgermeis­ter, der sprach bei einem Neujahrsem­pfang über Visionen und nannte unter anderen eine Seilbahn auf den Jägerberg als Idee.

20 Jahre später will ein Investor die Bahn tatsächlic­h bauen. Sie soll hinführen zum neuen Stadtteil „New Proschitz“. Nein, das ist kein Aprilscher­z. Den Investor mit ziemlich viel Geld gibt es tatsächlic­h. Und der Bürgermeis­ter mit Visionen war 2001 Christoph Schwind (CDU). Seine Seilbahn sollte zu einem Freizeitpa­rk schweben.

Ja, es wäre schon ein Befreiungs­schlag für den Eigenheim-Wohnungsma­rkt, wenn in „New Proschitz“Hunderte Häuschen zum Verkauf kämen. Die Kleingärte­n hätten erst mal Ruhe und manch andere Baulandres­erve ebenso. In Jena gibt es kaum noch Grundstück­e, schon gar keine für Eigenheime. Stattdesse­n drängen auch noch Firmen ins Zentrum. Die Digitalage­ntur DotSource bekommt die „Alte Feuerwache“, um dort die neuen Firmenzent­rale zu bauen. Vielleicht mit einem Hochhaus, das größer ist als das vom Rivalen Intershop am Steinweg.

Gerade der Feuerwache­n-Verkauf dürfte noch Debatten auslösen. Denn der Verzicht auf eine öffentlich­e Ausschreib­ung hat für mich ein Geschmäckl­e. Wenn Lieschen Müller bei der Stadt ein Grundstück kaufen will, muss sie dafür das höchste Gebot abgeben – und zahlt selbst jwd oder nahe der Autobahn oft mehr als den Gutachterp­reis. Sollten Arbeitsplä­tze als Argument ausreichen, um bei der Gemeinde bevorzugt zu werden? Ich meine nein! Ein öffentlich­er Ort, der Menschen wieder ins Zentrum lockt, das wäre für mich ein Argument gewesen. Die Jugend rennt ja fast schon fluchtarti­g ins Paradies. Und im Zentrum wird’s immer stiller.

Vielleicht baut der Investor vom Jägerberg ja die Schwindsch­e Seilbahnnu­tzung ein in sein Projekt. Mit angeschlos­sener Sommerrode­lbahn oder Downhillpi­ste wird „New Proschitz“noch ein richtiges Naturerleb­niszentrum.

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