Thüringische Landeszeitung (Jena)
Thüringen hofft bei Luchspaar auf Nachwuchs
Ilmenau. Nachdem in Thüringen mit Mira nun nachgewiesenermaßen auch ein Luchs-Weibchen zu Hause ist, hofft der Naturschutzbund auf eine Paarung mit Aslan. Allerdings leben die Tiere wahrscheinlich rund 70 Kilometer voneinander entfernt, zudem fehlt seit mehreren Monaten ein Nachweis des männlichen Luchses. Lange Zeit galten die Raubkatzen in Deutschland als verschwunden.
Dank Wiederansiedlungsinitiativen sind einige der streng geschützten Tiere in die Wälder zurückgekehrt. Ein Projekt in Thüringen soll prüfen, wie die Population gestärkt werden kann, denn dem Freistaat könnte durch seine zentrale Lage dabei eine hohe Bedeutung zukommen.
Ilmenau/Saalfeld. Sie leben schätzungsweise in rund 70 Kilometer Entfernung und sind die zwei einzigen in Thüringen nachgewiesenen Luchse außerhalb des Harz-Gebietes: Aslan wurde mehrmals in der Nähe von Ilmenau beobachtet und Mira erst kürzlich in der Region Thüringer Meer.
An der Echtheit des dort aufgenommenen spektakulären Tierfotos hat Silvester Tamás vom Naturschutzbund keinerlei Zweifel. Und er lobt den Fotografen namens Dirk Rudat. Der hätte genau richtig gehandelt. „Das Tier zurückhaltend aus der Distanz beobachtet, ein Foto angefertigt und dieses dann gesendet.“Mittlerweile ist es vom zuständigen Kompetenzzentrum Wolf, Biber, Luchs des Thüringer Umweltministeriums begutachtet und als Nachweis bewertet worden. Von Polen bis in den Saale-Orla-Kreis
„Wir können fest davon ausgehen, dass die 2019 in Westpommern in Polen ausgewilderte Luchsin, die ein Sendehalsband trägt, sich nun dauerhaft im Gebiet im Einzugsgebiet der Oberen Saale aufhält“, so Tamás.
Eine ähnliche Gewissheit mit Thüringen als Zuhause gab es bislang nur bei Aslan. Allerdings fehlen bei ihm, der 2017 erstmals im Freistaat gesichtet wurde, seit mehr als 15 Monaten entsprechende Bildbelege oder genetische Hinweise.
Der Projektkoordinator beim Naturschutzbund (Nabu) geht trotzdem davon aus, dass der männliche Luchs noch im Thüringer Wald ist. Und er hat zugleich die vage Hoffnung, dass sich Mira und Aslan auf einer Wanderschaft eventuell begegnen und für den ersehnten Nachwuchs sorgen. Die Kommunikation, so Tamás, würde dabei auch in größerer Entfernung funktionieren -- „über nächtliche Schreie“. Und die Mobilität von Luchsen wäre enorm, der Lebensraum könne von 40 bis 400 Quadratkilometern reichen. Damit ist auch die weite Wegstrecke zu erklären, die „Mira“von Polen bis in den Saale-OrlaKreis zurückgelegt hat.
Silvester Tamás erläutert verschiedene Möglichkeiten, um die Population in Thüringen nachhaltig zu entwickeln. „Wir können der Natur vertrauen, also warten. Auch darauf, dass eventuell weitere Luchse aus Niedersachsen, Bayern oder Hessen in Thüringen ansässig werden.“Denn in angrenzenden Bundesländern ist die Anzahl der Luchse weitaus höher. So leben im niedersächsischen Teil des Harzes rund 100 der Wildtiere.
Wegen des kostbaren Pelzes gejagt
„Wir schätzen, dass in Deutschland insgesamt etwa 140 Luchse zu Hause sind.“Um das Überleben zu sichern, seien aber mindestens 1000 Tiere notwendig. Thüringen könnte dabei für eine stabile Luchs-Population als zentrale Mitte zwischen den Bundesländern sehr wichtig sein. „Wir müssen Daten sammeln, den ökologischen Mehrwert erklären und den potenziellen Lebensraum mit dem konsequenten Verbot von illegalen Jagden schützen“, fordert der Nabu-Experte, der sich auch eine gesteuerte Ansiedlung von
Luchsen vorstellen kann. Mehrere von ihnen halten sich oft auch nur kurz streifend in Thüringen auf.
Ein neues Projekt mit Einbindung und Unterstützung des Umweltministeriums soll prüfen, wie der überschaubaren Population in Deutschland, besonders auch im Thüringer Wald, auf die Sprünge geholfen werden kann. Gespräche mit Jägern, Waldbesitzern, Kommunen und der Naturschutzorganisation BUND sind geplant.
Einst war der Eurasische Luchs überall in Europa verbreitet. Man jagte ihn vor allem wegen seines Pelzes. 1819 wurde in Thüringen der letzte Luchs erlegt. Inzwischen gilt er mit seinen auffälligen Pinselohren als schützenswert. Mit dem sogenannten „Plan P“will ihn der Nabu in Zusammenarbeit mit Behörden, Jägern, Waldbesitzern und Nutztierhaltern dauerhaft zurück holen. Die Luchse sollen sich hier vermehren und ausbreiten. Laut Tamás benötigen sie dafür „sichere Streif- und Rückzugsgebiete für die Jungenaufzucht, weshalb unter anderem die Gefahren im Straßenverkehr minimiert werden müssen.“