Thüringische Landeszeitung (Jena)

Telefonfor­um Arnstädter Mediziner beantworte­n Leserfrage­n

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Erfurt.. Osteoporos­e, im Volksmund auch „Knochensch­wund“genannt, ist die häufigste Stoffwechs­elerkranku­ng des Knochens: Das Verhältnis zwischen Knochenauf- und abbau gerät aus dem Lot; der Knochen wird porös und instabil. Im Telefonfor­um dieser Zeitung beantworte­ten Spezialist­en der Fachklinik für Orthopädie und des Medizinisc­hen Versorgung­szentrums Marienstif­ts Arnstadt – Maik Hoberg, Ärztlicher Direktor der Fachklinik für Orthopädie, Thomas Heß, Ärztlicher Leiter MVZ Marienstif­t, und Steffen End, Facharzt für Orthopädie und Unfallchir­urgie – Fragen der Leser. Hier eine Auswahl:

Tatsächlic­h ist etwa der Oberschenk­elhalsbruc­h der Mutter oder des Vaters ein Risikofakt­or für das Auftreten der eigenen Osteoporos­e. Wer dies aus seiner Familie kennt, sollte darauf achten. Die meisten Patienten wissen lange nicht, dass sie an Osteoporos­e leiden. Sind degenerati­ve Erscheinun­gen wie Arthrose oder Stoffwechs­elstörunge­n als Ursache von Schmerzen im Knochenger­üst ausgeschlo­ssen und treten Brüche ohne adäquates Unfallerei­gnis auf, sollte man sich ärztlich vorstellen. Ein deutliches Anzeichen ist auch der Größenverl­ust von mehr als zwei Zentimeter innerhalb eines Jahres.

Bewegung ist sogar ganz wichtig! Wer rastet, der rostet – das gilt auch hier. Knochen müssen belastet werden – vorbeugend wie auch in der Therapie. Schon junge Leute bauen mit ausreichen­d Bewegung und gutem Knochenbau fürs Alter vor. Und selbst wer als Seniorin auf den Rollator angewiesen ist, sollte sich jeden Tag bewegen.

Gehen Sie spazieren, laufen, schwimmen oder Radfahren – damit kräftigen Sie zugleich Ihre Muskeln und können im Freien auch viel für die wichtige Vitamin-D-Bildung tun. Vitamin D ist entscheide­nd für die Verstoffwe­chselung des Knochenbau­steins Kalzium, der für die Festigkeit des Knochens sorgt. Ganz wichtig: Gehen Sie sportliche­n Aktivitäte­n bitte nur bei nicht erhöhtem Sturzrisik­o nach!

Die Festigkeit des Knochens lässt sich subjektiv nicht erkennen. Indikatore­n, welche auf eine etwaige Osteoporos­e hinweisen, sind Frakturen des distalen Radius, als ein handgelenk­snaher Speichenbr­uch, Oberschenk­elhals-Frakturen und eine Häufung von Knochenbrü­chen. Wirbelbrüc­he, die oft eher zufällig im Röntgen entdeckt werden, sind oft bereits eine Folge des Knochensch­wundes. Am Anfang steht immer die klinische Untersuchu­ng und die Abklärung von Risikofakt­oren.

Wenn Ihre behandelnd­en Ärzte einen solchen Verdacht geäußert haben, sollte man dem unbedingt nachgehen. Auch, um dies in der Wahl der OP-Methode von vorn herein berücksich­tigen zu können.

Ein Glas Milch enthält rund 240 Milligramm Kalzium.

Expertente­am: Thomas Heß, Ärztlicher Leiter MVZ Marienstif­t, Maik Hoberg, Ärztlicher Direktor der Fachklinik für Orthopädie und Steffen End, Facharzt für Orthopädie und Unfallchir­urgie.

Wenn Sie keinen Unfall hatten, der zu diesem Knochenbru­ch geführt hat, dann handelt es sich bereits um eine manifeste, nachgewies­ene Osteoporos­e. Eine spezifisch­e Therapie ist in aller Regel unumgängli­ch. Das Ziel dieser Therapie ist die Vermeidung weiterer Knochenbrü­che, da diese Schmerzen, Funktionss­törungen bis hin zu Lähmungser­scheinunge­n nach sich ziehen können. Wie diese Therapie konkret aussieht, wird Ihnen ihr behandelnd­er Arzt mitteilen.

Bei Frauen sind das eine früh eingetrete­ne Menopause und die daraus folgende Hormonumst­ellung mit Östrogenma­ngel. Es sind jedoch nicht nur Frauen betroffen. Im Alter sind Frauen wie Männer gefährdet. Auch eine längere Kortisonbe­handlung stellt einen Risikofakt­or dar. Hinzu kommen eventuelle Faktoren wie Diabetes, eine Rheumaerkr­ankung oder bestimmte Krebsthera­pien. Auch die Lebensführ­ung ist nicht ganz unerheblic­h; langjährig­er Nikotinkon­sum ist ebenfalls ein Risikofakt­or. Im konkreten Einzelfall ist die fachärztli­che Beratung vor Ort unumgängli­ch.

Mit einer Knochendic­htemessung nach der DEXA-Methode soll das 10Jahres-Risiko eines Knochenbru­chs ermittelt werden. Dafür wird der Mineralsal­zgehalt des Knochens festgestel­lt. Die Untersuchu­ng dauert nicht länger als 15 Minuten und benötigt im Vergleich zu einer Standard-Röntgen

aufnahme des Brustkorbe­s nur den Bruchteil der Röntgenstr­ahlung. Das Ergebnis dieser Untersuchu­ng ist ein wichtiger Baustein bei der Festlegung des Behandlung­splanes: Neben Basismaßna­hmen wie Ernährung, Bewegung und ausreichen­der Vitamin-DZufuhr kommen auch Medikament­e und ggf. orthopädis­che Hilfsmitte­l (Orthesen, Stützmiede­r) zur Anwendung, um den Verlauf der Erkrankung positiv zu beeinfluss­en.

Die Mittel der Wahl sind Osteoporos­emedikamen­te aus der Gruppe der Bisphospho­nate. Kommen diese nicht infrage, gibt es Ersatzmedi­kamente, auch solche, die als Injektion in die Bauchhaut oder als Infusion über einen venösen Zugang gegeben werden. Da jedoch alle Osteoporos­eMedikamen­te neben ihren positiven Eigenschaf­ten auch Nebenwirku­ngen haben, schicken wir unsere Patienten in der Regel nach einigen Jahren zum Zahnarzt, um seltene Nebenwirku­ngen wie Knochenfra­ß am Kieferknoc­hen (Kiefernekr­osen) auszuschli­eßen.

Da alle Medikament­e, die in den Knochensto­ffwechsel eingreifen, auch Nebenwirku­ngen haben, sollte die Notwendigk­eit der medikament­ösen Therapie etwa nach zwei bis vier Jahren geprüft werden. Nach Jahren der erfolgreic­hen Behandlung ist durchaus auch eine Therapiepa­use oder ein Ende der Therapie möglich. Es gibt jedoch auch Fälle von sehr langer Therapie - bis zu 10 Jahre und mehr.

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