Thüringische Landeszeitung (Jena)
Naturnahe Bestattung KSJ reagiert auf neue Beerdigungsbedürfnisse
Ein zum Jenaer Nordfriedhof gehörendes Stück Wald beim Munketal wird nun für naturnahe Bestattungen angeboten.
Jena. Die letzte Ruhestätte im Wald mag für manche Leute eine Alternative sein zum herkömmlichen Friedhof. Zum Beispiel warb die Anzeige eines Berliner Bestattungsunternehmens jüngst auf der Nachrichten-Plattform „Spiegel Online“für „Waldbestattungen in Jena“. Aber wo und wie genau? Leider wurden Versuchsanrufe dieser Redaktion unter der einzig angegebenen Telefonnummer nach langem Freizeichen-Klingeln auf einen Anrufbeantworter geleitet. Und zwei Mails an die Pressesprecher-Mailadresse des Unternehmens blieben unbeantwortet.
Keine Last mit dem Grab Stadtförster Olaf Schubert schloss es auf Anfrage „definitiv“aus, dass jemals ein Stück Stadtwald an Anbieter von Waldbestattungen vermarktet worden ist. „Das ist alles Erholungswald.“Und weil Stadtwald und Friedhof zu den Geschäftsfeldern des städtischen Eigenbetriebes Kommunalservice KSJ gehören, kann „Waldbestattung“in Jena keine thematische Bagatelle sein. KSJChef Uwe Feige stellte fest, dass auch bundesweit agierende Anbieter der Waldbestattungen rein rechtlich nur „auf gewidmeten Friedhofsgelände“zum Zuge kämen. „Meines Erachtens ist das eine Mogelpackung“, sagte Feige.
Nach seiner Kenntnis müssten da 2000 bis 3000 Euro pro Liegeplatz berappt werden; und die „Ewigkeitslast“bleibe bei der Gemeinde angehängt. Und doch: Es gebe nun einmal das Phänomen der „Discount-Mentalität nicht nur auf Anbieter-Seite“und die AngehörigenHinweise, dass nach dem Willen der Verstorbenen niemand die Last mit dem Grab haben solle. Auf diese Zeichen der sich verändernden Gesellschaft „haben wir unsere Interpretation gefunden“, sagt Uwe Feige. Damit meint er nicht nur zum Beispiel das Kolumbarium – die „pflegearme und individuelle“Aufbewahrungsstätte für Urnen, sondern auch die „gewidmete Friedhofsfläche, die bewaldet ist“an der Nordgrenze des Nordfriedhofs, Nähe Munketal. „Warum sollten wir da das Rad zweimal erfinden?“
220 Wald-Urnen seit 2014
Seit Freigabe dieser zwei Hektar Fläche für „naturnahe Bestattungen“2014 seien dort 220 Urnen in die Erde gebracht worden, berichtete Friedhofsleiter Bertram Flößner. Freilich macht diese Bestattungsform nur einen kleinen Anteil am Gesamtbild aus: Auf allen städtischen Friedhöfen stehen pro Jahr in Jena insgesamt etwa 900 Beerdigungen zu Buche. In besagtem Stück Wald könne man wählen: ein Baum mit vier Urnen oder eine Beisetzungsstelle neben drei fremden Urnen, erläuterte Bertram Flößner.
Nicht kritiklos schaut Bertram Flößner auf digital arbeitende Bestattungsinstitute. Die brauchten nicht selten acht bis zehn Tage, ehe sie online ihre standesamtlichen Papiere beisammen hätten. „Die ortsansässigen Institute haben das im Schnitt in drei Tagen geregelt.“Das sei schon wegen der Kühllagerungskosten für einen Leichnam günstiger. Pro Tag 25 Euro.