Thüringische Landeszeitung (Jena)

Handwerk stellt sich gegen Solaranlag­en-Plicht

Wollseifer: Klimaziele lassen sich nicht mit Zwang erreichen

- Von Jochen Gaugele und Tobias Kisling

Schon ab dem kommenden Jahr könnten Hausbauer verpflicht­et werden, eine Solaranlag­e auf ihrem Dach zu installier­en. So sieht es ein Gesetzesen­twurf aus dem Bundesfina­nzminister­ium vor. Hintergrun­d sind die strengeren Klimaziele, die sich die Bundesregi­erung auferlegt hat, nachdem das Bundesverf­assungsger­icht das bisherige Klimaschut­zgesetz im April in Teilen als verfassung­swidrig eingestuft hat. Sowohl bei Neubauten als auch bei größeren Dachsanier­ungen sollen Immobilien­besitzer dem Entwurf zufolge verpflicht­et werden, eine Fotovoltai­kanlage zu installier­en.

Eine klare Absage an die Regierungs­pläne kommt vom Handwerk. „Ich halte nichts von derartigen Verpflicht­ungen, somit auch nichts von einer Solaranlag­enpflicht. Wir müssen motivieren, nicht regulieren“, sagte Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralver­bands des Deutschen Handwerks (ZDH), unserer Redaktion. Er forderte Technologi­eoffenheit ein: „Fotovoltai­k ist nicht das Nonplusult­ra.“Vor allem aber bezweifelt der Handwerksp­räsident, dass man über Zwang die Klimaziele erreichen kann. Beim Wasserstof­f etwa erprobe das Handwerk konkrete

Anwendunge­n, zum Beispiel an Heizungen oder an Wasserstof­ftanks in Autos. „Da sind wir die Tüftler, die konkrete Innovation­en überhaupt ermögliche­n“, sagte Wollseifer.

Dabei könnte das Handwerk eigentlich auch von strengeren Klimavorga­ben profitiere­n. Immerhin sind es Handwerker, die Solaranlag­en überhaupt erst installier­en oder Gebäude dämmen. Schon heute arbeiten rund 450.000 Handwerksb­etriebe mit fast 2,5 Millionen Beschäftig­ten in Gewerken, die eng mit der Energiewen­de sowie dem Umweltund Klimaschut­z verknüpft sind.

Trotzdem fühlt sich das Handwerk einseitig belastet. Etwa beim steigenden CO2-Preis, der beispielsw­eise bereits seit diesem Jahr zu Aufschläge­n beim Benzin oder beim Heizen geführt hat. „Das war mit der Bundesregi­erung anders verabredet“, sagte Wollseifer. So wie die CO2-Bepreisung steige, müsse an anderer Stelle eine Entlastung erfolgen. Etwa mit dem Wegfall der EEG-Umlage. Ohnehin sei die EEG-Umlage ein „unfaires Instrument“, kritisiert­e der Handwerksp­räsident. „Große Handelsket­ten, die bundesweit viel Energie verbrauche­n, sind von ihr befreit. Eine lokale Großbäcker­ei, die nur punktuell viel Energie verbraucht, muss aber weiter im sechsstell­igen Bereich EEGUmlage zahlen. Das geht so nicht“, sagte Wollseifer.

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FOTO: KLAR / FFS Handwerksp­räsident Wollseifer

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