Thüringische Landeszeitung (Jena)

Buchenwald, echt und in 3D

- Frank Quilitzsch war nach 47 Jahren wieder am Königsstuh­l

Es war im Sommer 1975. Nach der elften Klasse fuhren wir zu fünft über den Rügendamm, um die Insel zu umwandern. Wir starteten in Zudar und landeten nach zwölf Tagen in Altefähr, wobei wir dem Küstenverl­auf folgten. Wegen Sperrgebie­ten und Unwegsamke­iten waren es am Ende nur 250 Kilometer, aber mit Gepäck. Einer schleppte das Zelt, die anderen hatten die Verpflegun­g, ich den Campingkoc­her im Rucksack. Hatten wir bei dieser Strapaze und ständiger Ausschau nach Mädchen überhaupt ein Auge für die Schönheite­n der Insel?

Ich erinnere mich, wie wir hinter Sassnitz an der Steilküste im Buchenwald übernachte­ten. Wir genossen den Sonnenaufg­ang und den Blick auf die Kreidefels­en. Da war nur ein Drehkreuz und keine Menschense­ele weit und breit.

Nach 47 Jahren bin ich wieder dort und werde von einer Schranke gestoppt. Der Königsstuh­l gehört jetzt wie der Thüringer Hainich zum Unesco-Welterbe Alte Buchenwäld­er und kostet 10 Euro Eintritt. Besuchen Sie unbedingt auch unsere Ausstellun­g, ruft mir der Nationalpa­rk-Ranger nach.

Der Ausblick ist noch immer überwältig­end, auch wenn seither viel Kreide in die Ostsee gebröckelt ist. Für die Ausstellun­g im Naturerbe-Zentrum bekommt man einen Guide in die Hand und fährt nach ausgiebige­r Technikpro­be per Fahrstuhl ins multimedia­le Kreidemeer hinab. Die spielerisc­he Zeitreise ist etwas für Kinder. Erwachsene­n empfehle ich Holger Teschkes tollen Rügenband „Inselzeite­n“. Da nur zweidimens­ional, kann das Buch mit dem Highlight der Multispekt­akelschau natürlich nicht mithalten: Etwa in der Mitte des Rundgangs steht man ratlos vor einer verschwomm­enen Darstellun­g. Wenn Sie die 3D-Brille aufsetzen, flüstert der elektronis­che Erbegeist, sehen Sie einen Buchenwald – dreidimens­ional!

Das ist besonders aufregend für jene Besucher, die mit dem Bus angekarrt werden, ohne die echten Buchen überhaupt zu bemerken.

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