Thüringische Landeszeitung (Jena)
Mit WM-Gold nach Tokio
Anna-Maria Wagner ist die erste deutsche Judo-Weltmeisterin seit 1993
Budapest/Köln. Auch noch Stunden nach dem Judo-Wunder von Budapest schwebte Anna-Maria Wagner im rosaroten Grenzbereich zwischen Fassungslosigkeit und Wolke sieben. „Eigentlich sollte das hier nur Vorbereitung auf Olympia sein – und jetzt wird mir langsam klar, dass ich Weltmeisterin bin“, sagte die 25-Jährige in Freudentränen aufgelöst. Vor allem, aber nicht nur wegen Wagner herrscht sieben Wochen vor Tokio Euphorie im Deutschen Judo-Bund.
„Das ist eine Wahnsinnsgeschichte“, sagte Daniel Keller, Präsident
des Deutschen Judo-Bundes (DJB): „Judo-Deutschland ist in heller Aufregung, das schlägt ein wie eine Bombe.“
Mit Wagner (78 kg) und Theresa Stoll, die am Dienstag WM-Bronze in der Klasse bis 57 kg geholt hat, schickt das deutsche Team nun zwei große Medaillenhoffnungen zu den Sommerspielen. Dazu schrammte Miriam Butkereit (70 kg) als Fünfte knapp an Edelmetall vorbei. Anders als die starken Frauen enttäuschten allerdings die deutschen Männer beim Olympia-Härtetest und erreichten keinmal auch nur das Viertelfinale.
Wagners Coup am Freitagabend in der Laszlo-Papp-Arena hatte derweil fast schon historische Dimensionen. Als Schwergewicht Johanna Hagn 1993 im kanadischen Hamilton als zuvor letzte deutsche Judoka Weltmeisterin wurde, war
Wagner noch nicht einmal geboren. Erst vier DJB-Athletinnen – Barbara Claßen (1982), Alexandra Schreiber (1987), Hagn und nun Wagner – gewannen überhaupt WM-Gold.
In Budapest war Wagner keineswegs als Außenseiterin angetreten, als Weltranglistendritte gehörte die Ravensburgerin durchaus zum engeren Favoritenkreis. Doch wie sie in einer der umkämpftesten Gewichtsklassen reihenweise die hochkarätigsten Gegnerinnen ausschaltete, beeindruckte immens. Alleine drei Weltmeisterinnen bissen sich an Wagner die Zähne aus.