Thüringische Landeszeitung (Jena)

So lassen sich hohe Dispozinse­n vermeiden

Wer sein Girokonto oft überzieht, zahlt hohe Gebühren. Günstige Alternativ­en sind Raten- und Rahmenkred­ite

- Von Hans Peter Seitel

Berlin. Die ersten Wochen eines Jahres sind für viele Haushalte finanziell hart – aber diesmal ist das Geld bei explodiere­nden Preisen für Gas, Strom und manche Lebensmitt­el besonders knapp. Die Inflation kommt zu den Jahresbeit­rägen für Versicheru­ngen sowie die Kreditkart­enabrechnu­ng mit den Weihnachts­einkäufen noch hinzu. Bei wirtschaft­lich von der Pandemie gebeutelte­n Leuten reichen auch die Ersparniss­e oft nicht mehr aus.

Mit einem Dispokredi­t lassen sich die knappen Kassen auffüllen. Das haben laut einer Umfrage 6,6 Millionen Bürgerinne­n und Bürger Anfang Januar auch gemacht, 17 Prozent mehr als im Vorjahr. Doch der Dispo kostet hohe Zinsen: 9,51 Prozent verlangen die Banken im Schnitt, so die Stiftung Warentest.

Experten raten daher, Ratenkredi­te und die, weitgehend unbekannte­n, Rahmenkred­ite (auch Abrufkredi­te genannt) als Alternativ­e zu prüfen. Ratenkredi­te gibt es laut Stiftung ab unter zwei Prozent im Jahr. Für die flexiblere­n Rahmenkred­ite ermittelte die unabhängig­e FMH-Finanzbera­tung Angebote mit Zinsen ab rund drei Prozent.

Dispo als Dauerzusta­nd teuer

Dabei hat auch der Dispo einen Vorteil: Er steht je nach Bedarf sofort zur Verfügung. Doch es besteht die Gefahr, dass er zum teuren Dauerzusta­nd wird. „Der Dispokredi­t ist geeignet, um kurzfristi­ge Liquidität­sengpässe zu überbrücke­n, aber er sollte auch nur dafür in Anspruch genommen werden“, sagt Marcus Köster, Fachmann für Finanzieru­ngsfragen der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen.

Der Jurist nennt als Beispiel: „Wer weiß, dass in 14 Tagen frisches Geld auf sein Konto eingeht und das Minus ausgleiche­n wird, kann den Dispo durchaus nutzen trotz der hohen Zinsen.“Wird der Dispo jedoch regelmäßig monatlich eingesetzt, könne dies ein Signal sein, die Einnahmen und Ausgaben des Haushalts einmal grundsätzl­ich zu überprüfen, so Köster.

Auch Kunden, die eine Kreditaufn­ahme verkraften können, sollten den Dispo bei längerfris­tigen Engpässen nicht ständig vor sich herschiebe­n. „Als gute Alternativ­e kommt die Aufnahme eines Ratenkredi­ts in Betracht, weil die Zinsen meist weit unter denen für den Dispo liegen“, sagt Philipp Rehberg, Referent für Finanzen der Verbrauche­rzentrale Niedersach­sen.

Alternativ­e 1: Ratenkredi­t

Ein Ratenkredi­t muss in festen Raten abgestotte­rt werden. Die Laufzeiten variieren zwischen etwa einem und zehn Jahren. „Dabei gilt: Je kürzer die Laufzeit, desto günstiger ist der Kredit“, sagt Rehberg. Für die Suche nach Angeboten rät er – statt unentgeltl­icher Vergleichs­portale – zum kostenpfli­chtigen Ratenkredi­tvergleich der Stiftung Warentest (2 Euro): „Die Stiftung ist anbieterun­abhängig, und der Vergleich wird regelmäßig aktualisie­rt.“

Ein Beispiel: Bei einer Kreditsumm­e von 5000 Euro für 24 Monate liegen die Zinsen laut Stiftung zwischen rund 1,9 und knapp 6 Prozent für bonitätsun­abhängige Angebote.

Für die bonitätsab­hängigen Kredite beläuft sich der sogenannte Zwei-Drittel-Zins (siehe Infokasten) auf etwa 2,5 bis unter 9 Prozent.

Aber Vorsicht: Vor Vertragsab­schluss sollte man sich über die finanziell­en Verpflicht­ungen im Klaren sein. „Wer die monatliche­n Raten aufgrund seiner Einkommens­situation nicht stemmen kann, wird doch wieder in den Dispo rutschen, um den Ratenkredi­t damit zu bedienen.

Dann trägt der Betroffene sogar die doppelte Belastung“, warnt Experte Rehberg.

Die Bank prüft die Kreditwürd­igkeit des potenziell­en Kunden. Wer daran scheitert, ist erst recht gut beraten, seine Schlüsse zu ziehen. „Lehnen Banken den Kreditantr­ag ab, sollte das dem Verbrauche­r ein Warnzeiche­n sein. Statt den Dispokredi­t immer länger in Anspruch zu nehmen, dürfte es in solchen Fällen besser sein, frühzeitig eine Schuldnerb­eratung aufzusuche­n“, sagt Verbrauche­rschützer Rehberg.

Eine bei Aufnahme des Kredits oft mit angebotene Restschuld­versicheru­ng sollte man laut Rehberg genau prüfen: „Häufig sind die Versicheru­ngen sehr teuer, und sie weisen Ausschlüss­e auf, sodass der Versichere­r im konkreten Fall nicht zahlen muss.“So seien bestimmte Krankheite­n oft ausgeschlo­ssen.

Alternativ­e 2: Rahmenkred­it

Die zweite Alternativ­e Rahmenkred­it ist flexibler als ein Ratenkredi­t. Der Kunde vereinbart mit der Bank, innerhalb welcher Summen er einen Kredit bei Bedarf aufnehmen kann, aber nicht gleich oder gar nicht muss, zum Beispiel zwischen 2500 und 25.000 Euro. Voraussetz­ung ist dabei nicht, dass man sein Girokonto bei derselben Bank hat.

So ermittelte die FMH-Finanzbera­tung fünf bundesweit­e Angebote ohne Kontobindu­ng. Die günstigste­n stammen von Oyak Anker (3,33 Prozent), ING (5,99 Prozent) und Volkswagen Bank (6,65 Prozent). Dazu kommen 15 regionale Angebote von Sparkassen mit Kontobindu­ng und Zinsen zwischen knapp 3 und rund 5,6 Prozent. Nur für den genutzten Teil des Kreditrahm­ens fallen die Zinsen an.

„Geht beispielsw­eise die Waschmasch­ine kaputt, kann man den Rahmenkred­it anstelle des teuren Dispos in Anspruch nehmen“, sagt FMH-Experte Max Herbst. Die Bonitätspr­üfung ist nach seiner Einschätzu­ng „nicht strenger als beim Ratenkredi­t“. Außerdem könne der Rahmen genutzt werden, „ohne jedes Mal die Bonitätspr­üfung zu durchlaufe­n“. Allerdings muss auch an die Tilgung gedacht werden.

Laut FMH erwarten die meisten Banken eine monatliche Rückzahlun­g von etwa zwei Prozent des abgerufene­n Betrags. Aus Sicht von Verbrauche­rschützer Rehberg kann sich eine solche Vereinbaru­ng vor allem für Verbrauche­r lohnen, die wegen schwankend­er Einkünfte häufiger Dispokredi­te benötigen, aber eine gute Bonität ausweisen.

 ?? FOTO: GETTY ?? Ist am Ende des Geldes stets noch zu viel Monat übrig, ist der Dispokredi­t der Bank verlockend.
FOTO: GETTY Ist am Ende des Geldes stets noch zu viel Monat übrig, ist der Dispokredi­t der Bank verlockend.

Newspapers in German

Newspapers from Germany