Thüringische Landeszeitung (Jena)
Unterschriften für Härtefälle
Straßenbeiträge werden weiter fällig. Petition will mit Fonds hohe Belastungen vermeiden
Erfurt. Seit mehr als zwei Jahren sind Straßenausbaubeiträge in Thüringen Geschichte. Eigentlich. Zum
1. Januar 2019 wurden diese Beiträge abgeschafft. Allerdings: Für 2015 bis 2018 können weiter bis Ende dieses Jahres Beiträge erhoben werden.
Weil hier mitunter größere Summen im Raum stehen -- die Rede ist von Beträgen im bis zu fünfstelligen Euro-Bereich -- hat die Linke-Landtagsfraktion einen konkreten Vorschlag gemacht, wie ihrer Ansicht nach ein Fonds aussehen könnte, um besondere Härten abzufedern. Doch weiter hat sich nichts getan.
In der von Sascha Wüstemann am 20. Dezember vergangenen Jahres beim Landtag eingereichten Petition ist so auch eine gewisse Enttäuschung über die weitere Entwicklung in dieser Angelegenheit nicht zu überlesen. „Der Landtag als Haushaltsgesetzgeber hat mit Mehrheitsbeschluss aller Fraktionen für 2021 das Geld für den Härtefallfonds bereitgestellt und somit einen Konsens zur Umsetzung gefunden“, heißt es darin. Die Umsetzung werde jedoch seitens des SPDgeführten Innenministeriums mit pauschalierten und realitätsfernen Argumenten blockiert, der Willen der Landtagsmehrheit somit ignoriert.
Um daran etwas zu ändern, braucht der Petent aus Ilmenau bis
31. Januar insgesamt 1500 Mitzeichner. Damit könnte er eine erneute Anhörung im Thüringer Landtag durchsetzen.
Nach bayerischem Vorbild hat die Linke für ihren Härtefallfonds eine Kappungsgrenze bei 2000 Euro vorgesehen. Deren Kommunalexperte Sascha Bilay geht von Kosten für
das Land von 15 Millionen Euro aus, um den Kommunen die entgangenen Beiträge zu erstatten. Die Belastung durch geschätzt 7000 Betroffene könne aber auf mehrere Jahre aufgeteilt werden, sagt er.
Im Innenministerium hat man die Einrichtung eines Härtefallfonds
geprüft und sieht ihn „weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen“als erforderlich an. Vielmehr heißt es, im Einzelfall auftretenden Härten könnten schon jetzt ausgeräumt werden. Eine starre Kappung dagegen schaffe neue Ungerechtigkeiten. „So könnte eine solche Regelung dazu führen, dass die Supermarktkette durch den Freistaat Thüringen finanziell entlastet wird, der Eigentümer eines Einfamilienhauses, der nur über eine schmale Rente verfügt, hingegen nicht“, teilt ein Sprecher des Innenministers mit.
Bilay meint indes, man habe immer betont, über Höhe und Modalitäten eines Härtefallfonds sprechen zu können. „Doch weil der Innenminister nicht mit sich reden lässt, werden jetzt im Winter Menschen genötigt, auf der Straße im Schneetreiben Unterschriften zu sammeln. Dass die Leute enttäuscht sind, kann ich nachvollziehen.“Er empfinde das Verhalten des Innenministers als sehr unglücklich, weil er weiß, dass es ein Herzensthema für die Linke sei, sagt er.
Während der Linke weiter auf eine Ausführungsvorschrift aus dem Innenministerium pocht, sieht man dort den Landtag am Zug. „Diesem obliegt es nicht nur, die grundsätzliche Entscheidung über die Errichtung eines solchen Fonds zu treffen, sondern auch die wesentlichen Rahmenbedingungen gesetzlich zu regeln“, heißt es. Dies betreffe insbesondere die Entscheidung, welche Beitragspflichtigen finanziell entlastet werden sollen und somit im Umkehrschluss auch, welche Grundstückseigentümer man von einer solchen finanziellen Entlastung ausschließen will.
Bilay und einige Fraktionskollegen wollen derweil weiter Unterschriften für die Petition sammeln. Die Petition „Einrichtung Härtefallfonds für rückwirkend erhobene Straßenausbaubeiträge“kann unter: https://petitionen.thueringer-landtag.de/petitions/2300 auch online mitgezeichnet werden. Die Frist endet am Montag.