Thüringische Landeszeitung (Jena)
Ermittlungen wegen Rechtsbeugung
Weimarer Maskenfall für Richter noch nicht abgeschlossen – das droht im Falle einer Verurteilung
Das Ermittlungsverfahren gegen einen Amtsrichter aus Weimar wegen Rechtsbeugung ist noch nicht abgeschlossen. Das sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Erfurt, Oberstaatsanwalt Hannes Grünseisen, auf Anfrage.
Die Ermittler prüfen, ob Anhaltspunkte für eine Rechtsbeugung durch den Familienrichter vorliegen, der im April 2021 zwei Kinder von der Corona-Maskenpflicht in der Schule befreit hat, obwohl Verwaltungsgerichte für eine solche Entscheidung zuständig sind. Das hatte im Nachgang das Oberlandesgericht Jena festgestellt und den Beschluss aufgehoben. Nun hat auch der Bundesgerichtshof in Karlsruhe diesen Beschluss bestätigt.
Dem Familienrichter drohen dann Konsequenzen, wenn nicht alle Handlungen durch die Rechtsordnung gedeckt waren, die Staatsanwaltschaft ihn anklagen und das zuständige Gericht ihn verurteilen sollte. Auf das Delikt der Rechtsbeugung steht eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren. Eine Rechtsbeugung liegt dann vor, wenn ein Richter, der bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Streitpartei das Recht vorsätzlich falsch anwendet. Eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer Vorsatztat hat zwingend dienstrechtliche Konsequenzen. Laut Richtergesetz endet das Richterverhältnis, sobald ein solches Urteil rechtskräftig wird.
2016 traf dies einen Amtsrichter aus Erfurt. Er hatte in sieben Fällen Temposünder wegen eines vermeintlichen Verfahrenshindernisses freigesprochen. Die Straßenverkehrsbehörde hatte von sich aus kein Messprotokoll und keinen Eichschein vorgelegt. Es hätte aber gerade am Richter gelegen, seiner Aufklärungspflicht nachzukommen und die Unterlagen beizuziehen. Das Landgericht Erfurt setzte die 15-monatige Freiheitsstrafe zur Bewährung aus.