Thüringische Landeszeitung (Jena)
Die vielen Sprachen des Don Jaffé
Gespräch und Musik am Vorabend des Holocaust-Gedenktages mit Vater, Sohn und Enkelin. Heute im Livestream
Don Jaffé ist gerade 89 Jahre alt geworden. Sein Leben, das am
24. Januar 1933 in Riga begann, war geprägt von erzwungenen Neuanfängen – und dem Erlernen vieler Sprachen. In der Reihe „Hört die Zeugen“werden am Vorabend des Holocaust-Gedenktags er, Ramón und Serafina Jaffé miteinander sprechen; Sohn und Enkelin spielen zudem Kompositionen von Don Jaffé. Das machen die Achava-Festspiele Thüringen möglich – in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Jüdisches Leben Erfurt und im Zusammenhang mit dem Themenjahr
1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland.
Es sei „eine einzigartige Möglichkeit, mit Hilfe der Musik Zeitzeugen
der ersten, zweiten und dritten Generation nach der Shoah miteinander ins Gespräch zu bringen und aus der Erinnerung heraus einen erweiterten Horizont für Gegenwart und Zukunft mit den ewig wiederkehrenden Problemen von Antisemitismus, Ausgrenzung, Flucht und Migration zu gewinnen“, macht Achava-Intendant Martin Kranz deutlich. Moderieren wird das Gespräch David Dambitsch. Er führt per Videokonferenz ein Gespräch mit Don Jaffé über seine Lebenserinnerungen. Interessierte können am heutigen Mittwoch, 26. Januar, um 20 Uhr per Live-Stream dabei sein.
Zurück ins Jahr 1933: Don Jaffé wird in Riga in eine jüdische Familie hineingeboren, in der Deutsch gesprochen wird. Als die Nazis immer mehr an Einfluss gewinnen, wechselt die Familie zum Jiddischen. Auf der Flucht – eigentlich in Richtung Palästina – verschlägt es die Jaffés nach Nowosibirsk. Nun wird Russisch gesprochen.
Nach dem Krieg, zurück im Riga der Nachkriegssowjetunion, findet Don Jaffé (Foto) seine Ausdrucksweise in der Musik und wird zu einem gefragten Cellisten. Doch der Antisemitismus verfolgt ihn – bald auch seine Frau und seine zwei Kinder – weiter. 1971 gelingt der Familie die Auswanderung nach Israel: Iwrit (Hebräisch) ist als Sprache allen fremd und doch findet Sohn Ramón schnell seine Wurzeln in der neuen Heimat, emotional wie musikalisch.
Doch die Reise von Don Jaffé ist noch nicht vorbei: Nach seiner Teilnahme am Jom-Kippur-Krieg vom 6. bis zum 25. Oktober 1973 zieht es ihn in den deutschen Kulturraum zurück. Don Jaffé sucht eine Sicherheit, die ihm die alte Bundesrepublik zu versprechen scheint. So findet die Familie in Bremen ein Zuhause: Don Jaffé lernt erneut Deutsch, jene Sprache, die ihm noch aus frühesten Kindertagen in Riga vertraut scheint. Für die Familie ist alles neu und fremd. Don Jaffé ist auch hier rasch ein gefragter Musiker und Lehrer. Und im Alter findet er als Komponist seinen Ausdruck für die Erlebnisse seiner Lebensreise. Nun bringt er Nachgeborenen das 20. Jahrhundert aus jüdischer Sicht zu Gehör. Shoah, Exodus und Migration sind prägende Themen, die er durch seine Musik unmittelbar anspricht.
Ramón Jaffé (Cello) und seine Tochter Serafina Jaffé, Harfenistin des Wiener Jeunesse Orchesters und in der Jungen Deutschen Philharmonie, musizieren am heutigen Abend und werden in das Gespräch mit Don Jaffé einbezogen. So entsteht das Bild einer Familienreise über drei Generationen, heißt es. Mittwoch, 26. Januar, 20 Uhr, Livestream der Alten Synagoge Erfurt: https://www.youtube.com/ watch?v=klItW_Qyojs