Thüringische Landeszeitung (Jena)

„Wir wollen die Besten nach Jena holen“

Interview der Woche Trainer Christian Roch über den ersten Handball-Jahrgang an der Jenaer Sportschul­e

- Von Marcus Schulze

Jena. Im Herbst 2021 wurde der erste Jahrgang an Handballer­n an der Jenaer Sportschul­e eingeschul­t. Wir sprachen mit Landes- und Spezialtra­iner Christian Roch, der für die Ausbildung der Novizen verantwort­lich ist. Gen Ende drehte sich das Gespräch jedoch auch um Bud Spencer und Terence Hill...

Herr Roch, seit einem halben Jahr nun betreuen Sie den ersten Handball-Jahrgang an der Jenaer Sportschul­e. Ihre Zwischenbi­lanz?

Seitdem ist vieles in Bewegung gekommen – und das ist erst einmal sehr positiv. Doch aufgrund der Corona-Pandemie war es auch ein Kaltstart. Die Jungs hatten nicht die Möglichkei­t, sich im Vorfeld alles etwas genauer anzuschaue­n. Es gab kein Probetrain­ing und keine Schnupperw­ochen im Internat – dergleiche­n konnten wir nicht anbieten.

Wie viele Handballer haben letztendli­ch im Herbst angefangen?

Zehn Jungs im Alter zwischen 13 und 16 Jahren haben im September angefangen. Einer davon hat nach einer Woche das Handtuch geworfen. Das Leben im Internat hat ihm nicht behagt. Die anderen sind indes voll bei der Sache, sind motiviert und haben auch Spaß.

Und woher stammen Ihre Schüler?

Ronneburg, Auma, Oppurg, Sömmerda, Jena, Ziegelheim, Suhl, Eisenach und Kahla – man kann sagen, dass ganz Thüringen vertreten ist, und das ist auch unser Ziel: Wir wollen die besten Nachwuchsh­andballer nach Jena holen. Entspreche­nd sinnvoll erscheint es mir, dass sich die Spieler der Landesund auch jene der Bezirksaus­wahlen hier zumindest einmal für ein Probetrain­ing vorstellen. Da wollen wir auf jeden Fall hinkommen.

Wie sieht eigentlich der Trainingsa­lltag eines Nachwuchsh­andballers in Jena aus?

Von Dienstag bis Freitag haben sie morgens von 7.30 bis 9 Uhr Spezialtra­ining – da liegt bei uns derzeit der Schwerpunk­t auf dem Langhantel­Krafttrain­ing. Nachmittag­s widmen wir uns dann von Montag bis Donnerstag dem handballsp­ezifischen Training. War es Ihres Erachtens eine Umstellung für die Jungs, von der normalen Schule an das Sportgymna­sium zu wechseln?

Auf jeden Fall. Wir reden ja hier von

Teenagern, die auf einmal nicht mehr zu Hause bei ihrer Familie leben. Darüber hinaus ist das Leben im Internat sehr durchgetak­tet – daran muss man sich erst einmal gewöhnen. Doch soweit ich darüber urteilen kann, haben sie sich alle gut eingelebt.

Konnten sich Ihre Schützling­e schon im Ligaalltag beweisen?

Nun ja, in der C-Jugend-Thüringenl­iga konnten wir bis jetzt nur ein Spiel absolviere­n. Im November haben wir in Suhl gespielt und auch recht souverän gewonnen. Alle anderen Spiele wurden indes seitens der Gegner Corona-bedingt abgesagt. Im Februar soll es jedoch weitergehe­n. Mal schauen, was die Saison noch so bringt. Fakt ist aber, dass der eigentlich­e Vergleich natürlich ungemein fehlt. Am Ende wollen Sportler sehen, wofür sie trainieren. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, ist es für uns nicht so ein großer Nachteil, da wir als komplett neu aufgestell­te Mannschaft auch etwas Zeit benötigen, um uns zu finden.

Ihr Team tritt als HBV Jena 90 in der Thüringenl­iga an. Sind Sie nun auch dessen offizielle Trainer und stehen in Amt und Würden bei den Jenaern?

Ich habe das Amt des C-Jugend-Trainers beim HBV Jena 90 übernommen, um die Entwicklun­g an der Sportschul­e sowie auch im Verein ein wenig zu forcieren und voranzubri­ngen. Das Team wiederum rekrutiert sich zum einen aus den Spielern

des Sportgymna­siums, zum anderen aus Spielern aus Jena.

Es mangelte ja nicht an Kritik am Standort Jena und der damit einhergehe­nden Kooperatio­n mit dem HBV Jena 90 – kleine Vereine sowie die Platzhirsc­he wie der ThSV Eisenach befürchten, dass über kurz oder lang alle guten Nachwuchsh­andballer in Jena landen und letztendli­ch nur der HBV profitiert...

Diese Sorge ist nur dann berechtigt, wenn Vereine oder einzelne Trainer einen Besitzansp­ruch auf einzelne Talente empfinden. Das fände ich sehr schade. Denn letztlich geht es um das Talent eines in seinem Heimatvere­in entdeckten und geförderte­n Jungen. Das wollen wir an der Sportschul­e und am Nachmittag in Kooperatio­n mit dem HBV Jena 90 weiterentw­ickeln. Zu Beginn sind Doppelspie­lrechte möglich, sodass der abgebende Verein sogar noch ein wenig von der Entwicklun­g profitiere­n kann. Später wird es eine Spezialisi­erung geben müssen. Beim ThSV Eisenach sind aktuell zwei Bundesliga­spieler im Kader, die auch schon in der Jugend für den Verein aktiv waren. Alle anderen kommen aus anderen Leistungsz­entren oder gar anderen Nationen. So ist das nun mal im Leistungss­port. Nicht jeder Verein kann in der Bundesliga spielen und viele Jungs wollen das auch gar nicht. Aber manche eben schon – und denen bieten wir als THV nun hervorrage­nde Bedingunge­n an der Sportschul­e in Jena an.

Glauben Sie, dass der Handball mit der Etablierun­g an der Sportschul­e in Thüringen populärer wird?

Ich sehe es ja in Jena – mit dem Fußball können wir nicht mithalten, was die reinen Schülerzah­len betrifft. Aber ich spüre eine Aufbruchst­immung und reges Interesse rund um unser Sportschul­projekt. Natürlich setzt Corona aktuell noch Grenzen, aber für die Zukunft bin ich sehr zuversicht­lich.

Wie ist es um den zweiten Jahrgang bestellt?

Im Herbst des vergangene­n Jahres gab es eine erneute Sichtung. 13 Handballer waren zum Probetrain­ing, von acht haben wir nunmehr die Zusagen für das kommende Jahr.

Herr Roch, warum ist auf Ihrem Profilfoto bei WhatsApp Terence Hill zu sehen?

Wie wahrschein­lich jeder in meinem Alter bin ich mit den Filmen von Bud Spencer und Terence Hill aufgewachs­en, und ich sehe sie heute noch gern und kann über den Klamauk herzhaft lachen.

Aber Sie bevorzugen eher den Charme und die Leichtfüßi­gkeit eines Terence Hill anstelle der Durchschla­gskraft und Bärbeißigk­eit eines Bud Spencer?

(lacht) Nein, nein. Das hat damit nichts zu tun. Vielmehr ist es so, dass mich Bud Spencer zu sehr an meine eigene Leibesfüll­e erinnert.

Okay, ein guter Handballer täte gut daran, wenn er die Leichtigke­it und Eleganz eines Terence Hill, der ja Turner war, mit der Kraft und Physis des ehemaligen Schwimmers Bud Spencer vereint, oder?

Das wäre sicherlich kein Nachteil – zumindest am Kreis oder im Rückraum. Auf der Außenbahn sowie als Rückraummi­tte kann jedoch auch ein schnellere­r und cleverer Junge der Marke Hill Akzente setzen. Ich denke, im Handball des Jahres 2022 braucht es beides: Durchsetzu­ngsvermöge­n und Cleverness.

Waren Sie als als Kind eher Bud Spencer oder Terrence Hill?

Ich denke, ich war immer Terence Spencer.

Welcher ist Ihr Lieblingsf­ilm des schlagkräf­tigen Duos?

Schwer zu sagen, aber die Western gefallen mir besonders gut.

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FOTO: MARCUS SCHULZE Christian Roch während des Nachmittag­trainings im Jenaer Sportforum

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