Thüringische Landeszeitung (Jena)
Bündnis gegen NS-Verharmlosung
Weimar erklärt Solidarität mit Gedenkstätte Buchenwald nach Hetze von Corona-Leugnern
Weimar. Die rote Linie sei überschritten, Schweigen nicht länger möglich. Seit Wochen ist die Gedenkstätte Buchenwald wegen der Umsetzung von Pandemie-Vorgaben Ziel aggressiver Hass-Mails von Gegnern der Corona-Politik. Die Impfaktion gegen das Virus werde mit NS-Experimenten an KZ-Häftlingen gleichgesetzt, der Leiter der Gedenkstätte Jens-Christian Wagner auf eine Stufe mit dem KZ-Arzt und Massenmörder Josef Mengele gestellt. Er habe solch feindselige Hetze in den 25 Jahren als Gedenkstätten-Historiker noch nicht erlebt, sagte Wagner am Dienstag. Wegen der Attacken laufen mehrere polizeiliche Ermittlungsverfahren.
Für die Vertreter von Weimarer Kultur- und Bildungseinrichtungen sowie Museen, Bürgerinitiativen und Geschichtsvereinen ist das Maß voll. Wie schon vor zwei Jahren, als man sich gegen Angriffe von Rechts auf eine unabhängige Bildungsarbeit richtete, stellte man sich am Dienstag mit einer „Weimarer
Erklärung für ein solidarisches Miteinander“demonstrativ hinter die Gedenkstätte und ihre Mitarbeiter. Die Gleichsetzung der Pandemie-Bekämpfung mit dem Holocaust bezeichneten die Initiatoren der Erklärung als widerlich und als Verhöhnung der NS-Opfer. Sogenannte Spaziergänge würden von Rechtsextremen und Reichsbürgern unterwandert. Mit der Gedenkstätte Buchenwald werde eine Einrichtung bewusst zur Zielscheibe gemacht, die sich der Aufklärung über NS-Verbrechen verschrieben hat. Sorgen und Belastungen vieler Bürger müssten ernstgenommen werden, hier habe man auch Fehler gemacht, wurde eingeräumt. Wer jedoch mit Rechtsextremen marschiere, toleriere und legitimiere deren Demokratiefeindlichkeit.
Die Erklärung kann im Internet unterzeichnet werden. Die KlassikStiftung will den Hof des Wittumspalais’ für Debatten öffnen. Die evangelische Kirche lud Dienstagabend zum Versöhnungsgebet ein.