Thüringische Landeszeitung (Jena)
Nato wirft Russland den Einsatz von Streubomben vor
Stoltenberg: „Die kommenden Tage werden wahrscheinlich noch schlimmer sein“- Großstädte massiv unter Feuer
Brüssel. Bei ihrem Vormarsch in der Ukraine setzt die russische Armee nach Angaben der Nato Streubomben ein und verletzt damit das Völkerrecht. „Wir haben den Einsatz von Streubomben registriert“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Freitag. Zudem gebe es Berichte „über den Einsatz anderer Arten von Waffen, die gegen das Völkerrecht verstoßen“.
Stoltenberg erklärte, er erwarte noch eine deutliche Verschlechterung der Lage: „Die kommenden Tage werden wahrscheinlich noch schlimmer sein, mit mehr Tod, mehr Leid und mehr Zerstörung“, sagte er nach einem Treffen der Nato
Außenminister. Die russischen Streitkräfte setzten ihre Angriffe in der ganzen Ukraine mit schwereren Waffen fort. Schon jetzt seien viele Zivilisten getötet oder verletzt worden. Stoltenberg sprach von „der schlimmsten militärischen Aggression in Europa seit Jahrzehnten“.
Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) verurteilte den Einsatz von Streubomben. Die russischen Streitkräfte setzten diese Waffe „am
28. Februar in mindestens drei Wohnvierteln von Charkiw ein“, erklärte HRW am Freitag. Streubomben seien über eine russische
9M55K-Smertsch-Rakete abgefeuert worden – eine „absolute Missachtung des Lebens der Menschen“. Streubomben bestehen aus einem Behälter ähnlich einer Granate, in dem sich kleinere explosive
Geschosse befinden, die Submunition. Bei Streumunition explodiert ein Teil der Ladung nicht sofort, sondern stellt als Blindgänger im Boden noch lange Zeit eine Gefahr
Trümmer, Zerstörung: Wohnkomplex in der Millionenstadt Charkiw nach dem Angriff russischer Truppen. für die Bevölkerung dar. Ihr Einsatz ist durch das Osloer Übereinkommen von 2008 verboten, das Moskau jedoch nicht unterzeichnet hat.
Russische Einheiten rückten am Freitag weiter an die ukrainische Hauptstadt Kiew heran, meldete die Ukraine. Einzelheiten zu Kämpfen waren zunächst unklar. Einen Erfolg meldete die ukrainische Seite vom strategisch wichtigen Flugplatz Hostomel nordwestlich von Kiew. Russische Truppen seien von dort abgezogen. Am Flughafen waren Fallschirmjäger abgesetzt worden, die offenbar die Landung russischer Transportmaschinen sichern sollten – das misslang.