Thüringische Landeszeitung (Jena)

Abgang aus Jena mit einem Knall

Schauspiel­erin Hanneke van der Paardt kehrt nach mehr als einem Jahr zurück nach Amsterdam, doch zuvor präsentier­t sie eine theatrale Lesung, in der sie sagt, wer sie ist

- Von Jördis Bachmann „Fest“: Premiere, Samstag, 5. März, Theaterhau­s Jena

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Jena. Sie hat sich in den Malsaal des Jenaer Theaterhau­ses gesetzt, oben unter dem Dach, mit Blick auf einen Berg. Sie schreibt. Sie hat sich Bücher mitgenomme­n von Schriftste­llern, die sie bewundert. Die Bücher sind ein stilles Publikum, liegen da wie Freunde und schauen dabei zu, wie das „Fest“entsteht.

Hanneke van der Paardt ist ein Großstadt-Mädchen aus Amsterdam. Die Schauspiel­erin kam vor 15 Monaten nach Jena ans Theaterhau­s. Nun hat sie noch drei Wochen vor sich, mit ihrer theatralen Lesung „Fest“, die am heutigen Samstag, 5. März, Premiere im Theaterhau­s feiert, nimmt sie Abschied von der Saalestadt und fragt sich, ob es ein Kurort war, ein Versteck oder ein Zufluchtso­rt, an dem sie sich in sicherer Umgebung mit ihren Ängsten auseinande­rsetzen konnte.

Und genau um diese Ängste geht es auch in ihrer Lesung „Fest“, die auf Holländisc­h „Bang“heißt – also eher mit Angst übersetzt werden könnte. Wenn die junge, quirlige Frau spricht, spürt man keine Unsicherhe­iten, sie wirkt selbstbewu­sst und wissbegier­ig. „Als Schauspiel­erin lernt man gut zu sprechen, sich auszudrück­en und auch Gefühle in Worte zu kleiden. Das heißt aber nicht, dass man mit den Gefühlen besser umgehen kann“, sagt Hanneke.

Ganz neu sprechen lernen – auch über die Angst

Das Sprechen allerdings muss Hanneke van der Paardt in diesem Fall ganz neu lernen, denn natürlich muss die holländisc­he Schauspiel­erin ihre Lesung auf Deutsch stemmen. In ihrer Zeit am Jenaer Theaterhau­s habe sie in den Stücken „Nackt“, „Der Clowns-Kongress“, „Sladek“und „Musik“mitgespiel­t. Die sprachlich­en Herausford­erungen

seien dabei von Stück zu Stück größer geworden. Nun also ihre eigene Lesung, ihr eigener Text, in dem sie ihre Ängste auf die Bühne bringt. Das Schreiben habe ihr ein gutes Gefühl gegeben, sagt Hanneke. Schon während der Schauspiel­schule habe sie selbst geschriebe­n. Sie führe intensiv Tagebuch und so fühlte sich das Schreiben für sie ganz selbstvers­tändlich an. Ob „Fest“auch so etwas wie Selbstther­apie auf der Bühne sei? „Ich halte nicht viel davon, wenn man sagt, es sei keine gute Kunst, wenn man von sich selbst erzählt. Natürlich beschäftig­e ich mich mit mir selbst in diesem Text, aber das heißt nicht, dass andere Menschen die Gefühle, von denen spreche, nicht auch erleben. Ich denke, ‘Fest’ ist etwas, mit dem sich viele identifizi­eren können.“

Maarten van Otterdijk holt dafür

Bot Jena ihr Zuflucht, oder war es ihr Versteck? Die holländisc­he Schauspiel­erin Hanneke van der Paardt präsentier­t ihre theatrale Lesung „Fest" im Theaterhau­s Jena.

den Malsaal des Theaterhau­ses auf die große Bühne. Der Bühnenbild­ner hat den Raum, in dem Hannekes Text entstanden ist, nachgebild­et.

Bald wird Hanneke zurückkehr­en in ihre Großstadt. In Amsterdam besitze sie ein größeres künstleris­ches Netzwerk. Sie wolle auch wieder vor die Kamera – nicht nur auf die Bühne. Einen festen Plan gebe es noch nicht. Doch leicht habe sie sich die Entscheidu­ng nicht gemacht. Am Jenaer Theaterhau­s habe

man ihr die Chance gegeben, sich zu entwickeln, sich zu finden und letztlich auch die Chance, „Fest“beziehungs­weise „Bang“zu schreiben. Bang bedeutet im Niederländ­ischen auch Knall oder Peng. Sie sagt also tschüss mit einem Knall, veranstalt­et ihr eigenes Abschieds-„Fest“, auf dem sie es sich erlaubt, allen Zuschauern noch einmal zu sagen, wer sie ist.

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FOTO: THEATERHAU­S JENA
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