Thüringische Landeszeitung (Jena)

Superstar verliert Bodenhaftu­ng

Ed Sheeran, einer der erfolgreic­hsten Musiker der Welt, baut in seiner Heimat ein ganzes Dorf mit Kino und Kirche für sich und seine Familie. Den Nachbarn reicht es nun

- Von Jonas Erlenkämpe­r

Framlingha­m. Nach London sind es mit dem Auto fast zweieinhal­b Stunden, zum Strand knappe 30 Minuten. Ed Sheeran aber zieht es weder in die Großstadt noch an die Nordsee. Will er einen Film schauen, geht er ins Kino, für ein Pint Bier in den Pub. Möchte der Chart-Stürmer ein paar Bälle aufs Tor hämmern, macht er das auf seinem Fußballpla­tz. Und wenn ihm im Sommer der Sinn nach Wassergymn­astik steht, schlendert er ans Ufer seines Sees.

Ed Sheeran, 31 Jahre alt und momentan der kommerziel­l erfolgreic­hste Singer-Songwriter der Welt, hat sich in der Grafschaft Suffolk seinen englischen Traum erfüllt. Mit Frau und Kind lebt der Multimilli­onär auf einem sechs Hektar großen und mehr als vier Millionen Euro teuren Luxusanwes­en, auf dem er seit Jahren ein Privatdorf bauen lässt. Tonstudio, Schwimmbad und sogar eine Obstplanta­ge gibt es dort. Seine Nachbarn in dieser ländlichen Gegend unweit der Kleinstadt Framlingha­m haben den ständigen Baulärm lange akzeptiert, die Einheimisc­hen nennen das Anwesen liebevoll-spöttisch „Sheeranvil­le“. Doch nun platzt einigen der Kragen: Wie jüngst bekannt wurde, plant der berühmte Sänger von nebenan auch noch seine eigene Gruft. Ein Superstar, der sich über seinen Tod hinaus abschottet – das finden sie in Suffolk abgehoben.

Sheeran träumt von einem Rückzugsor­t zum Beten

Die Gruft soll die letzte Ruhestätte des vierfachen Grammy-Preisträge­rs werden. Zurzeit entsteht eine Kirche auf dem Grundstück – inklusive begehbarem Turm, Buntglasfe­nstern, Altar und acht Kirchenbän­ken. Im Antrag für die Baugenehmi­gung beschrieb Sheeran die Kapelle 2019 als „privaten Rückzugsor­t zum Nachdenken und Beten“. Unterhalb der Kirche wird nun die Familiengr­uft gebaut. Die Krypta soll ungefähr 2,70 Meter mal 1,80 Meter messen und mit einer Steinplatt­e verschloss­en werden.

Nerdig wirkender Rotschopf mit toller Stimme: Ed Sheeran, hier vor wenigen Wochen bei der Verleihung der Brit Awards in London.

So sieht das Privatdorf „Sheeranvil­le“aus der Vogelpersp­ektive aus. Im Moment entsteht dort eine Gruft.

Klingt ein bisschen, als habe sich Sheeran von Michael Jackson inspiriere­n lassen – der 2009 verstorben­e Popstar verbarrika­dierte sich bevorzugt auf seiner mit Vergnügung­spark und Zoo ausgestatt­eten Neverland-Ranch in Kalifornie­n. Prunk

und Protz mitten in Ostengland? In der Nachbarsch­aft rumort es. Die Anwohnerin Anna Woods etwa findet, in der Umgebung stünden bereits genug Gotteshäus­er, in denen es sich trefflich beten lasse. „Ich halte es nicht für nötig, dass eine bekannte Person ihre eigene Insel der Ruhe schafft“, ätzt die Frau gegenüber der Zeitung „The Sun“.

Ed Sheeran denkt nicht daran, auf Kirche und Gruft zu verzichten – die Bauten sind genehmigt. Der Gitarrenma­nn, der die Instrument­e so sehr liebt, dass er angeblich in jedem Zimmer eine hat, gibt in Interviews zwar gerne den freundlich­en Knuddelbär­en. Tatsächlic­h gilt er als äußerst öffentlich­keitsscheu. Seine Zeit verbringt er am liebsten mit seiner langjährig­en Freundin Cherry Seaborn, die wie er in der Gegend aufgewachs­en ist. Die beiden kennen sich seit der gemeinsame­n Schulzeit, wurden aber erst lange danach ein Liebespaar. Nach einer Fernbezieh­ung – Cherry lebte bis vor einigen Jahren in den USA – heirateten sie 2019 im kleinen Kreis. 2020 kam Tochter Lyra Antarctica zur Welt.

Als er ein Schüler war, wurde er wegen seines Aussehens gemobbt Sheeran, der schillernd­e Aufsteiger. In der Schule wurde der Rotschopf mit den Wuschelhaa­ren nach eigenen Angaben gemobbt: „Ich habe jeden Tag geweint.“Er habe „etwas Merkwürdig­es“an sich gehabt. „Ich sah immer ein bisschen schrullig aus und hatte kein großes Glück mit den Mädchen.“Die Wende kam, als der damals in Pubs auftretend­e Hobbymusik­er im September 2011 sein erstes Album veröffentl­ichte. Seitdem hat er mehr als 150 Millionen Tonträger verkauft. Doch statt sich ein Apartment in Manhattan oder an der Côte d’Azur zu gönnen wie viele andere Stars, investiert­e er sein Geld in der Heimat: 2012 kaufte er sein erstes Haus in Suffolk. „Ich liebe meine Grafschaft.“

Sollte er sich nach Ablenkung vom Nachbarsch­aftsstreit sehnen, kann er sich jederzeit ins Auto setzen und nach London fahren. Dort gehören ihm der „Sun“zufolge weitere 22 Immobilien im Gesamtwert von rund 64 Millionen Euro. Wohnen will er allerdings nur fernab der Stadt. In seinem Privatdorf.

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FOTO: GETTY IMAGES
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FOTO: BAV MEDIA / SHUTTERSTO­CK

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