Thüringische Landeszeitung (Jena)

„Putin hat viele gefährlich­e Waffen“

Operativ-taktische Raketen können schnell bedrohlich werden, sagt ein Ex-Offizier der NVA-Raketentru­ppen

- Die 7-Tages-Inzidenz bei den Corona-Infektione­n ist in Thüringen seit letzter Woche deutlich gestiegen. Gleichzeit­ig sank die Quote bei den ITS-Belegungen mit schweren Corona-Fällen. Experten machen dafür die Impfungen, aber auch die Omikron-Varianten ver

Start einer russischen ballistisc­hen Interkonti­nentalrake­te, Typ „Jars“im Februar

Erfurt. Jeden Tag bedrohlich­ere Nachrichte­n, jeden Tag erschrecke­ndere Bilder von Zerstörung und Tod. „Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal erleben und täglich sehen würde, was russische Bomben und Raketen anrichten“, sagt der Jenaer Frank Dägling.

Der Thüringer ist ein Ex-Offizier der NVA-Raketentru­ppen. Stationier­t war er zwischen 1977 und 1990 in verschiede­nen Einheiten, zuletzt bei der 3. Raketenbri­gade in Tautenhain. Was er jetzt im Fernsehen zu sehen bekomme, rufe viele Erinnerung­en in ihm wach und bereite ihm große Sorgen. Sicher gebe es inzwischen neue, effektiver­e Waffen.

Allerdings zeigten Aufnahmen von brennendem Militärger­ät auch Anlagen für Raketen-Abschuss, Steuerung oder Abwehr, wie sie vor vierzig Jahren schon Verwendung fanden.

Unterschie­den wurde seinerzeit zwischen strategisc­hen und operativ-taktischen Raketen. Erstere konnten Ziele in Tausenden Kilometern erreichen. Letztere, wie es sie auch in Tautenhain gab, hatten immerhin eine Reichweite von mehreren Hundert Kilometern. Der Thüringer Verband bestand zu seiner Zeit aus zwei Abteilunge­n mit je drei Startbatte­rien, sagt Dägling. Alle zwei Jahre fuhr man zum scharfen Start in die Region zwischen Kapustin Jar und Astrachan. 1984 erlebte er dort mit, wie die Tautenhain­er NVA-Einheit operativta­ktische Raketen in die nahe kasachisch­e Steppe abfeuerte.

Medien berichtete­n, dass Putin gerade wieder entspreche­nde Truppen dorthin zum Training geschickt hat. Aus eigener Erfahrung wisse er, wie schnell sich der Schalter von Übung auf Ernstfall umlegen lasse. „Die Angst vor Putins Atomwaffen ist berechtigt. Deswegen sollte man aber die Gefahr der operativ-taktischen Raketen nicht unterschät­zen. Sie könnten in wenigen Tagen verladen und per Schiene über das jetzt sicher nicht zufällig besonders umkämpfte Charkov in Richtung Westen verlegt werden. Das ist die gleiche Strecke, auf der damals auch die NVA unterwegs war“, mahnt der Jenaer. Deswegen müsse es auch weiter um Diplomatie gehen.

Auch die für die Ukraine bestimmte NVA-Abwehrwaff­e vom Typ Strela kennt Frank Dägling noch. Es handele sich um schulterge­stützte, russische Kurzstreck­enBoden-Luft-Raketen. Mit einer Reichweite bis zu drei Kilometern eigne sie sich vor allem zur Abwehr tieffliege­nder Ziele. Der InfrarotSu­chkopf suche sein Ziel eigenständ­ig, galt aber schon zu DDR-Zeiten als störanfäll­ig. Er könne sich nicht wirklich vorstellen, dass alle Strelas nach vierzig Jahren noch einwandfre­i funktionie­ren. „Kriegsents­cheidend kann die Strela ganz sicher nicht sein“, sagt der 66-Jährige.

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FOTO: RUSSIAN DEFENSE MINISTRY PRESS SERVICE/AP/DPA

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