Thüringische Landeszeitung (Jena)
Opium fürs Volk
Liebe Leserinnen, liebe Leser. Ja, das mit dem Krieg gehe gar nicht, heißt es kurz. Dann kommt ein langes Aber zur Bestätigung Putins. Behauptet wird, die Nato habe sich immer weiter ausgedehnt, gerade so, als ob es etwa den Polen nicht zusteht, Nato-Mitglied geworden zu sein. Oder den baltischen Staaten.
Es heißt, die Verträge seien nicht eingehalten worden, gerade auch durch Deutschland. Dabei wurde keine einzige US-Kaserne auf ehemaligem DDR-Gebiet errichtet. Und eine Nato-Einrichtung gibt es in den Gebieten, die am 3. Oktober
1990 der Bundesrepublik beitraten, auch nicht. Das Joint Support and Enabling Command etwa wurde 2018 in Ulm eingerichtet und nicht etwa in Gotha oder Görlitz. Dabei wäre es wohl nach dem 2plus-4-Vertrag nicht mal ausgeschlossen, jedenfalls dann, wenn es sich etwa um ein Logistik-Hauptquartier und nicht um „bewaffnete Truppenkontingente von sicherheitspolitisch relevanter Dimension“handeln würde.
Zu diesem Ergebnis kommt der Wissenschaftliche Dienst der Bundeswehr 2017.
Wer beim Überfall „Ja, aber“sagt, meint, dass sich die einstigen Sowjetrepubliken nie hätten freischwimmen dürfen und dass Putin für sie ewig als Übervater zuständig sei. Er sieht sich im Recht, immer nach dem Motto: Und willst du nicht mein Bruder sein, dann schlag ich dir den Schädel ein … Dass Putin dabei auch von gewissen Religionsführern in Moskau im Blutrausch unterstützt wird, ist mit „Ja, aber“gewiss auch zu rechtfertigen.
So wird Religion tragischerweise tatsächlich zum Opium fürs Volk. g.sommer@tlz.de