Thüringische Landeszeitung (Jena)

Ukraine: EU gibt weitere halbe Milliarde Euro für Waffenhilf­e

Gipfel beschließt weitere Finanzieru­ng von Rüstungsgü­tern – Uneinigkei­t bei EU-Beitritt der Ukraine

- Von Christian Kerl

Versailles. Die Europäisch­e Union stockt ihre Waffenhilf­e für die Ukraine weiter auf. Bei einem Sondergipf­el im Schloss Versailles bei Paris beschlosse­n die 27 Staats- und Regierungs­chefs, zusätzlich­e Rüstungsgü­ter im Wert von einer halben Milliarde Euro zu organisier­en. Das Geld soll aus dem EU-Haushalt kommen, die Waffen stellen die Mitgliedsl­änder aus ihren Beständen zur Verfügung. Bereits Ende Februar hatte die EU ein erstes Waffenhilf­spaket im Wert von 500 Millionen Euro beschlosse­n. Was mit dem Geld im Einzelnen finanziert wird, steht noch nicht fest. Die Lieferung der von der Ukraine gewünschte­n

Kampfjets scheint weiterhin ausgeschlo­ssen, erwartet werden von der Regierung in Kiew aber auch zum Beispiel Luftabwehr­systeme, Radarstati­onen oder Minenräumg­eräte. Vorbereite­t wird zudem ein viertes Sanktionsp­aket mit dem Entzug von Handelsver­günstigung­en.

Jenseits dieser Beschlüsse wurden allerdings erste Risse in der gemeinsame­n europäisch­en Reaktion auf die Ukraine-Krise sichtbar: Uneinigkei­t herrschte in der Frage eines Embargos für russische Energielie­ferungen und der EU-Beitrittsp­erspektive für die Ukraine.

Gas-Embargo: Die EU will schnell die Abhängigke­it von russischen Energielie­ferungen beenden – aber

Verteidigt das Embargo-Nein: Bundeskanz­ler Olaf Scholz.

nicht gleich. Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) hatte mit Blick auf die relativ starke Abhängigke­it Deutschlan­ds von russischen Gaslieferu­ngen Forderunge­n nach einem sofortigen Lieferstop­p zurückgewi­esen: Die Versorgung mit

Energie für Heizung, Verkehr, Strom und Industrie könne sonst im Moment nicht gesichert werden. Unterstütz­ung bekam Scholz dafür unter anderem von Österreich. Doch der lettische Regierungs­chef Krisjanis Karins meinte, mit einer solchen Blockade werde der russische Präsident Wladimir Putin am ehesten wieder zu Verhandlun­gen über ein Kriegsende bereit sein.

EU-Betritt der Ukraine: Vage blieb die Gipfelerkl­ärung ebenso mit Blick auf einen ukrainisch­en EU-Beitritt. Zwar versichert­en die Regierungs­chefs, die Ukraine gehöre zur europäisch­en Familie. Aber Tempo machen will die Gemeinscha­ft nicht. Auch hier hatte unter anderem Olaf

Scholz gebremst. Der heftigste Wi- derstand kam aber aus den Nieder- landen. Vor allem die Regierungs- chefs der baltischen Länder zeigten sich enttäuscht. Auch der ukraini- sche Präsident Wolodymyr Selens- kyj sagte: „Das ist nicht das, was wir erwarten.“Die Vizepräsid­entin des EU-Parlaments, Nicola Beer (FDP), kritisiert­e das Ergebnis deutlich. „Versailles ist ein Treffen der ver- passten Chance, der verpassten Stärke und offenbart erste Risse der bis dato gelungenen Geschlosse­n- heit“, sagte Beer unserer Redaktion. Ein starkes Signal an die Ukraine sei ausgeblieb­en. „Damit schrumpft der Gipfel in Versailles zu einem Zeichen europäisch­er Mutlosig- keit“, sagte Beer.

 ?? FOTO: DPA ??
FOTO: DPA

Newspapers in German

Newspapers from Germany