Thüringische Landeszeitung (Jena)
Ihre Kunst wird bleiben, ihr Engagement fehlen
Zum Gedenken an die Keramikerin, langjährige Bürgermeisterin und ehemalige Museumsleiterin Angelika Kühn von Hintzenstern
Angelika Kühn von Hintzenstern 2014 in ihrer Galerie in Kühdorf.
Posterstein. Im kleinen, idyllischen Kühdorf, nahe Greiz, landeten Angelika Kühn und Matthias von Hintzenstern 1989. Die ehemalige Dorfschule, die zu verfallen drohte, hatte es vor allem ihr angetan. Sie packte an, organisierte, sanierte, gestaltete mit viel Geschmack. Bald war das kleine Schulhaus kultureller Mittelpunkt zwischen Gera und Greiz. In der Galerie „Schulstube“konnte Angelika Kühn von Hintzenstern seit 1991 eigene Werke, aber auch die von Kollegen ausstellen. Die Kühdorfer achteten das Engagement, vertrauten ihr und wählten sie mehrfach zur Bürgermeisterin.
Den Umgang mit Ton hatte die gelernte Buchhändlerin bei Dietrich Kleinschmidt in Saalfeld und Christine Freigang in Bürgel gelernt. Bereits in den 1970er Jahren entstanden erste Gefäße in Plattentechnik. Reliefs, Gefäßskulpturen, Scheibenplastik aus unregelmäßigen Platten und kantige Gefäße sind ihre Markenzeichen. Schon bald wuchsen die Arbeiten über die „Schulstube“hinaus. Sie wurden ausgestellt in Thüringen und anderenorts, fanden Eingang in Spezialsammlungen für Gegenwartskeramik. Doch Angelika Kühn von Hintzenstern war nie eine Einzelgängerin. Sie brauchte den Austausch mit Künstlern, wurde Mitbegründerin des Greizer Kunstvereins, gehörte zu den Förderern des
Greizer Theaterherbstes, dessen Intendanz sie zeitweilig inne hatte, und engagierte sich im Geraer Kunstverein. Seit 2004 ließ sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Matthias von Hintzenstern „RaumKlang-Licht“Installationen entstehen – eine Verbindung, die außerhalb der plastischen Arbeit ganz neue skulpturale Gebilde erzeugte. Angelika Kühn von Hintzenstern leitete zeitweilig das Museum Reichfels in Hohenleuben und eine ganz besondere Verbindung bestand zum Museum Burg Posterstein. Für das Museum und die Burg engagierte sich die Künstlerin seit über 20 Jahren. Hier fanden 2008 und 2017 viel beachtete Ausstellungen statt.
In dem Katalog „Mit Ecken und Kanten“, der die Ausstellung 2017 begleitete, schrieb der 2020 verstorbene Kenner der deutschen Keramikkunst, Hans-Peter Jakobson: „Angelika Kühn von Hintzenstern ist aus der zeitgenössischen thüringischen Keramikszene nicht mehr wegzudenken.“Leider ist es anders gekommen. Am 28. Februar 2022 erlag Angelika Kühn von Hintzenstern einem schweren Krebsleiden. Ihre Schöpfungen bleiben erhalten, aber ihr Engagement für die Kultur und die Gesellschaft wird fehlen.