Thüringische Landeszeitung (Jena)
Gemälde nach Jena zurückgekehrt
Schenkung eines Werkes von Frida Mentz-Kessel als Anstoß für Ausstellung der Göhre
Jena. Das nennt man wohl Initialzündung: Tilman Hilber und seine Ehefrau Jeanne von Rotenhan-Hilber haben Stadtmuseumsdirektor Erik Stephan ein Gemälde der Jenaer Künstlerin Frida Mentz-Kessel (1878 bis 1969) als Schenkung überreicht. Es ist das 1931 entstandene Bild „Meine Familie“. Lange Zeit waren Erik Stephan nur die zehn, elf Druckgrafiken in der Jenaer Kunstsammlung als Werke von Frida Mentz-Kessel bekannt. Bei seinem Besuch der Familie Hilber in Degerndorf am Starnberger See wendete sich das Blatt. „Ich war überrascht von der Fülle des Werkes.“Das OEuvre von Frida MentzKessel schließe Malerei, Batiken, Töpferkunst ein. Und so stehe jetzt bei seinen „unerledigten Positionen“der Name von Frida MentzKessel, sagte Erik Stephan: 2023 oder 2024 soll in der „Göhre“eine Ausstellung der Künstlerin gezeigt werden.
Weshalb die Sammlung der Werke von Mentz-Kessel einst nach Bayern gelangte: Frida Kessel wurde 1878 in Graz geboren. Ihr Vater Johannes Kessel war als Professor für Ohrenheilkunde an die Jenaer Universität berufen worden und kam mit der Familie 1885 in die Saalestadt. Mit ihrem Mann, dem Geschichtsprofessor Georg Mentz, hatte Frida Mentz-Kessel später die beiden Töchter Sonjamaria und Barbara. Als Patensohn von Barbara erbte Tilman Hilber schließlich die Sammlung nach dem Tode der Schwestern.
Die Ausbildung in Prag und München erkämpft
In Jena hat sich die ehemalige Kunstsammlungsleiterin Lisa Kerstin Kunert vor einigen Jahren ausführlich mit der Biografie von Frida Mentz-Kessel befasst und einen Text dazu hinterlegt. Hier ist zu erfahren,
Stadtmuseumsdirektor Erik Stephan (links) darf sich freuen über die Schenkung eines Gemäldes der Jenaer Künstlerin Frieda Mentz-Kessel. Tilman Hilber und seine Ehefrau Jeanne von Rotenhan-Hilber aus Degerndorf am Starnberger See überreichten das Bild vorm Stadtmuseum Göhre.
wie Frida während ihrer Jenaer Schulzeit zuerst in Weimar Zeichenunterricht nahm und sich im Jahr 1900 mit dem Ansinnen durchsetzte, eine Ausbildung in Prag zu beginnen an der privaten „Deutschen Kunst- und Übungsstätte für Frauen“. 1903 erkämpfte sie sich die Erlaubnis, ihr Studium in München fortzusetzen. Die Ausbildung in München bis 1910 wurde zeitweilig von Aufenthalten in Jena und Prag unterbrochen. Doch auch zu Hause setzte sie die Arbeit fort, heißt es bei Lisa Kerstin Kunert. Sie habe eine alte Schneidemühle als Atelier genutzt, wo sie sich in Akt- und Porträtzeichnen schulte. In dem Gemälde „Meine Familie“zeigt Frida Mentz-Kessel im Zentrum des Bildes ihre Mutter. Engelsgleich flankieren sie die beiden weiß gekleideten Töchter. Im Hintergrund sitzt in ein Buch vertieft Georg Mentz. Auch auf einem Einzelporträt von 1912 hat Frida Mentz-Kessel ihren Mann lesend dargestellt, das Buch gehörte offenbar fest zur Erscheinung des Professors. Er tritt farblich in den Hintergrund. Seine breite Körpersilhouette wölbt sich beschirmend über die Gattin. Im Selbstbildnis kniet Frida Mentz-Kessel am Rande des Bildes.
Das Jenaer Familienwohnhaus steht in der Bauhaus-Nachfolge
Für Erik Stephan ist das Bild auch kulturgeschichtlich insofern interessant, als im Gemäldehintergrund das Familien-Wohnhaus Weinbergstraße 18 zu sehen ist, ein in Bauhaus-Nachfolge errichtetes Gebäude des berühmten Jenaer Architektenbüros Schreiter & Schlag.