Thüringische Landeszeitung (Jena)

Ex-Spieler sollen zwei Millionen Euro zahlen

Der Insolvenzv­erwalter des FC Rot-Weiß Erfurt verlangt von früheren Angestellt­en des Vereins das komplette Nettogehal­t zurück

- Von Marco Alles

Erfurt. Der Schock saß tief. „Als ich das Schreiben las, verstand ich ehrlich gesagt die Welt nicht mehr“, sagt ein ehemaliger Spieler des FC Rot-Weiß und schüttelt den Kopf. Vor einigen Wochen war er mit einem vom Erfurter Arbeitsger­icht übersandte­n KlageEntwu­rf böse überrascht worden. Darin wurde er mit der Aufforderu­ng konfrontie­rt, die kompletten Nettogehäl­ter seiner Erfurter Vertragsla­ufzeit zurückzuza­hlen. Insolvenzv­erwalter Volker Reinhardt hatte ein so genanntes Prozesskos­tenhilfeve­rfahren eingeleite­t. Ein Vorgang, der den Ex-Profi fassungsst­and los macht: „Ich hätte nicht mal im Traum daran gedacht, dass so etwas überhaupt möglich ist.“

So wie ihm erging es bislang 23 früheren Angestellt­en des Vereins. Sie gehören zu jenen 131 Anfechtung­sgegnern, von denen Reinhardt insgesamt 13 Millionen Euro zurückverl­angt. Allein bei den einstigen Spielern und Trainern beläuft sich das Volumen auf zwei Millionen Euro. In manchen Fällen geht es bei mehrjährig­er Zusammenar­beit um einen sechsstell­igen Betrag. Selbst finanziell­e Vergleiche, also außergeric­htliche Kompromiss­e, würden eine beträchtli­che Summe in die Insolvenzm­asse spülen. Mit dieser werden in erster Linie die Verfahrens­kosten gedeckt, zu

Insolvenzv­erwalter Volker Reinhardt will Geld einklagen. denen die Vergütungs­ansprüche des Verwalters gehören, sowie die Gläubiger per Quote bedient.

Reinhardts Klage-Androhunge­n basieren auf dem Vorwurf, sämtliche Vertragspa­rtner hätten trotz erbrachter Leistungen in den Jahren

2014 bis zur Insolvenze­röffnung

2018 kein Geld vom Verein annehmen dürfen, weil ihnen dessen finanziell­e Schieflage bekannt gewe

Rechtsanwa­lt Heiner Kuna vertritt die früheren Spieler. sen sein muss. Er stützt sich dabei auf ein Gutachten der RBW Management Advisors Steuerbera­tungsgesel­lschaft mbH, das dem FC Rot-Weiß spätestens seit dem 31. Oktober 2013 Zahlungsun­fähigkeit bescheinig­t – und damit dem früheren Präsidente­n Rolf Rombach Insolvenzv­erschleppu­ng vorwirft.

Was auffällt: Die Steuerbera­tungsgesel­lschaft firmiert unter der gleichen Adresse wie Reinhardts Anwaltskan­zlei in der Nähe des Erfurter Domplatzes; er selbst ist einer der beiden Geschäftsf­ührer.

Gegen den Eintritt der Zahlungsun­fähigkeit bereits zu diesem Zeitpunkt spricht die regelmäßig erteilte Lizenz des DFB. Auch sind die Monatsgehä­lter an die Angestellt­en in dem besagten Zeitraum pünktlich und vollumfäng­lich bezahlt worden. Das bestätigen mehrere Spieler von damals. „Wie hätte ich also davon ausgehen sollen, dass der Verein finanziell in der Klemme steckt?“, fragt einer von ihnen.

Bei der Suche nach einem juristisch­en Beistand landete er wie etwa die Hälfte der Betroffene­n bei Heiner Kuna. Während sich Reinhardt nicht zu dem laufenden Verfahren äußern wollte, sieht der Rechtsanwa­lt der Erfurter Kanzlei „DiLigens“die Anfechtung­sansprüche als nicht gerechtfer­tigt an und wies die Forderunge­n bereits im Prozesskos­tenhilfeve­rfahren zurück.

Ob Reinhardt das Geld dennoch einklagen wird, ist offen – und hängt maßgeblich davon ab, ob er vom Arbeitsger­icht so genannte Prozesskos­tenhilfe gewährt bekommt. Fest steht jedoch: Selbst im Falle eines für sie positiven Ausgangs bleiben die ehemaligen Spieler auf den Anwaltskos­ten sitzen. Diese liegen je nach Streitwert zwischen knapp 2000 und 5000 Euro. „Das tut schon weh“, sagt ein Betroffene­r. „Aber was bleibt mir anderes übrig?“

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