Thüringische Landeszeitung (Jena)
Ex-Spieler sollen zwei Millionen Euro zahlen
Der Insolvenzverwalter des FC Rot-Weiß Erfurt verlangt von früheren Angestellten des Vereins das komplette Nettogehalt zurück
Erfurt. Der Schock saß tief. „Als ich das Schreiben las, verstand ich ehrlich gesagt die Welt nicht mehr“, sagt ein ehemaliger Spieler des FC Rot-Weiß und schüttelt den Kopf. Vor einigen Wochen war er mit einem vom Erfurter Arbeitsgericht übersandten KlageEntwurf böse überrascht worden. Darin wurde er mit der Aufforderung konfrontiert, die kompletten Nettogehälter seiner Erfurter Vertragslaufzeit zurückzuzahlen. Insolvenzverwalter Volker Reinhardt hatte ein so genanntes Prozesskostenhilfeverfahren eingeleitet. Ein Vorgang, der den Ex-Profi fassungsstand los macht: „Ich hätte nicht mal im Traum daran gedacht, dass so etwas überhaupt möglich ist.“
So wie ihm erging es bislang 23 früheren Angestellten des Vereins. Sie gehören zu jenen 131 Anfechtungsgegnern, von denen Reinhardt insgesamt 13 Millionen Euro zurückverlangt. Allein bei den einstigen Spielern und Trainern beläuft sich das Volumen auf zwei Millionen Euro. In manchen Fällen geht es bei mehrjähriger Zusammenarbeit um einen sechsstelligen Betrag. Selbst finanzielle Vergleiche, also außergerichtliche Kompromisse, würden eine beträchtliche Summe in die Insolvenzmasse spülen. Mit dieser werden in erster Linie die Verfahrenskosten gedeckt, zu
Insolvenzverwalter Volker Reinhardt will Geld einklagen. denen die Vergütungsansprüche des Verwalters gehören, sowie die Gläubiger per Quote bedient.
Reinhardts Klage-Androhungen basieren auf dem Vorwurf, sämtliche Vertragspartner hätten trotz erbrachter Leistungen in den Jahren
2014 bis zur Insolvenzeröffnung
2018 kein Geld vom Verein annehmen dürfen, weil ihnen dessen finanzielle Schieflage bekannt gewe
Rechtsanwalt Heiner Kuna vertritt die früheren Spieler. sen sein muss. Er stützt sich dabei auf ein Gutachten der RBW Management Advisors Steuerberatungsgesellschaft mbH, das dem FC Rot-Weiß spätestens seit dem 31. Oktober 2013 Zahlungsunfähigkeit bescheinigt – und damit dem früheren Präsidenten Rolf Rombach Insolvenzverschleppung vorwirft.
Was auffällt: Die Steuerberatungsgesellschaft firmiert unter der gleichen Adresse wie Reinhardts Anwaltskanzlei in der Nähe des Erfurter Domplatzes; er selbst ist einer der beiden Geschäftsführer.
Gegen den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bereits zu diesem Zeitpunkt spricht die regelmäßig erteilte Lizenz des DFB. Auch sind die Monatsgehälter an die Angestellten in dem besagten Zeitraum pünktlich und vollumfänglich bezahlt worden. Das bestätigen mehrere Spieler von damals. „Wie hätte ich also davon ausgehen sollen, dass der Verein finanziell in der Klemme steckt?“, fragt einer von ihnen.
Bei der Suche nach einem juristischen Beistand landete er wie etwa die Hälfte der Betroffenen bei Heiner Kuna. Während sich Reinhardt nicht zu dem laufenden Verfahren äußern wollte, sieht der Rechtsanwalt der Erfurter Kanzlei „DiLigens“die Anfechtungsansprüche als nicht gerechtfertigt an und wies die Forderungen bereits im Prozesskostenhilfeverfahren zurück.
Ob Reinhardt das Geld dennoch einklagen wird, ist offen – und hängt maßgeblich davon ab, ob er vom Arbeitsgericht so genannte Prozesskostenhilfe gewährt bekommt. Fest steht jedoch: Selbst im Falle eines für sie positiven Ausgangs bleiben die ehemaligen Spieler auf den Anwaltskosten sitzen. Diese liegen je nach Streitwert zwischen knapp 2000 und 5000 Euro. „Das tut schon weh“, sagt ein Betroffener. „Aber was bleibt mir anderes übrig?“