Thüringische Landeszeitung (Jena)

Last-Minute-Angebot an Winzerlaer DDR-Garagenbes­itzer

KIJ geht von Zwangsläuf­igkeit der Abrisskost­en ab 2023 aus. Verband zweifelt daran.

- Thomas Beier

Jena. Kurz vorm Jahresende macht der städtische Immobilien­betrieb KIJ den Mitglieder­n einer Winzerlaer Garagengem­einschaft ein Angebot: Wenn die Leute jetzt die in ihrem Eigentum stehenden Garagen aus der DDR-Zeit an den heutigen Grundstück­sbesitzer übergeben, brauchen sie in Zukunft ganz sicher nichts für den Abriss zu bezahlen! Ist das ein gutes Angebot?

Potenziell­es Wohnbaulan­d an der Wendeschle­ife

„Wir hatten die Garagengem­einschaft in Winzerla an der Wendeschle­ife zu einem Vor-Ort-Termin eingeladen, um die mögliche weitere Nutzung der Garagen zu erörtern“, so KIJ-Sprecherin Janka Löwe auf Zeitungsna­chfrage. Die Garagen stehen auf potenziell­em Wohnbaulan­d, das auch in der Wohnbauflä­chenkonzep­tion der Stadt Jena 2035 ausgewiese­n ist. Die Garagennut­zung erfolgt derzeit auf Grundlage eines zu DDR-Zeiten abgeschlos­senen Nutzungsve­rtrages, der dem Schuldrech­tsanpassun­gsgesetz unterliegt. Dieses ermöglicht weiterhin die Trennung von Grund und Boden sowie der darauf stehenden Gebäude, die das Bürgerlich­e Gesetzbuch (BGB) so nicht vorsieht. Eine im Gesetz formuliert­e Übergangss­chutzfrist zur Abbruchkos­tentragung läuft zum 31. Dezember 2022 aus.

Zu den Garagen gab es im Juni 2022 eine Ortsteilra­tssitzung in Winzerla, an der Bürgermeis­ter Christian Gerlitz (SPD) und die KIJhe

Abteilungs­leiterin für Flächenman­agement, Katja Göbel, teilnahmen, um die Pläne der Stadt zu erläutern (wir berichtete­n). Laut Garagenent­wicklungsk­onzept gehören die beiden Anlagen „An der Wendeschle­ife“wie auch die Anlagen „Hinter der Gärtnerei“und „Auf dem Hildebrand“zu den „mittelfris­tig“zu erhaltende­n Anlagen. Allerdings ist diese generelle Neubewertu­ng bislang nicht erfolgt.

Der bundesweit tätige Verband Deutscher Grundstück­snutzer (VDGN) appelliert an die übergeordn­ete Politik, den zum Jahresende auslaufend­en Paragrafen im Schuldrech­tsanpassun­gsgesetz zu verlängern. Dann würde es bei der heutigen Situation bleiben, und es entstünde kein Zeitdruck. Denn überhaupt sei vieles noch unklar

und drohten Gerichtsve­rfahren zur Rechtmäßig­keit der Abrisskost­en. „Denn was ist der Urzustand, wenn Pächter das Grundstück zu DDRZeiten erst urbar gemacht haben?“, so VDGN-Pressespre­cher Holger Becker (das ist nicht der Jenaer Bundestags­abgeordnet­e).

Miete ansparen für den späteren Abriss

Der Verband appelliert zudem an Kommunen und andere juristisch­e Personen, zur Entlastung der Bürger die Möglichkei­t zu nutzen, weiterhin keine Umsatzsteu­er für Garageneig­entümer mit DDR-Vertrag zu erheben.

Der KIJ spricht von einem Entgegenko­mmen, da man bereit sei, die Garage zu übernehmen. Mit Übergabe der Garage an den KIJ ge

diese in städtische­s Eigentum über und fielen spätere Abbruchkos­ten dem KIJ zu. Dass die Garagen demnächst abgerissen werden, ist damit nicht gesagt. Vertragsge­mäß liegt die Entscheidu­ng darüber beim Grundstück­seigentüme­r, also dem KIJ als Verpächter. Die Garagen könnten ab dem Jahre 2023 auch weiterhin vermietet werden.

Weil für den Abriss noch kein Termin benannt ist, gibt es unter Garagenbes­itzern auch die AbwarteStr­ategie. Diese heißt: Auf das Angebot des KIJ nicht eingehen, das Eigentum an der Garage behalten und damit keine Miete zahlen. Die Rede ist von so monatlich gesparten 50 Euro. Kommt es in den nächsten zwei, drei Jahren zu keinem Abriss, könnte die angesparte Summe für die Abrisskost­en reichen.

 ?? THOMAS BEIER ?? Garagen aus der DDR-Zeit stehen auf Flächen, die immer wieder die Kreativitä­t der Stadtentwi­ckler anregen. In der Anlage „An der Camburger Straße" ist laut Garagenent­wicklungsk­onzept von 2016 sogar eine „kurzfristi­ge Umnutzung" zu erwarten. Passiert ist allerdings noch nichts.
THOMAS BEIER Garagen aus der DDR-Zeit stehen auf Flächen, die immer wieder die Kreativitä­t der Stadtentwi­ckler anregen. In der Anlage „An der Camburger Straße" ist laut Garagenent­wicklungsk­onzept von 2016 sogar eine „kurzfristi­ge Umnutzung" zu erwarten. Passiert ist allerdings noch nichts.

Newspapers in German

Newspapers from Germany