Thüringische Landeszeitung (Jena)
Last-Minute-Angebot an Winzerlaer DDR-Garagenbesitzer
KIJ geht von Zwangsläufigkeit der Abrisskosten ab 2023 aus. Verband zweifelt daran.
Jena. Kurz vorm Jahresende macht der städtische Immobilienbetrieb KIJ den Mitgliedern einer Winzerlaer Garagengemeinschaft ein Angebot: Wenn die Leute jetzt die in ihrem Eigentum stehenden Garagen aus der DDR-Zeit an den heutigen Grundstücksbesitzer übergeben, brauchen sie in Zukunft ganz sicher nichts für den Abriss zu bezahlen! Ist das ein gutes Angebot?
Potenzielles Wohnbauland an der Wendeschleife
„Wir hatten die Garagengemeinschaft in Winzerla an der Wendeschleife zu einem Vor-Ort-Termin eingeladen, um die mögliche weitere Nutzung der Garagen zu erörtern“, so KIJ-Sprecherin Janka Löwe auf Zeitungsnachfrage. Die Garagen stehen auf potenziellem Wohnbauland, das auch in der Wohnbauflächenkonzeption der Stadt Jena 2035 ausgewiesen ist. Die Garagennutzung erfolgt derzeit auf Grundlage eines zu DDR-Zeiten abgeschlossenen Nutzungsvertrages, der dem Schuldrechtsanpassungsgesetz unterliegt. Dieses ermöglicht weiterhin die Trennung von Grund und Boden sowie der darauf stehenden Gebäude, die das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) so nicht vorsieht. Eine im Gesetz formulierte Übergangsschutzfrist zur Abbruchkostentragung läuft zum 31. Dezember 2022 aus.
Zu den Garagen gab es im Juni 2022 eine Ortsteilratssitzung in Winzerla, an der Bürgermeister Christian Gerlitz (SPD) und die KIJhe
Abteilungsleiterin für Flächenmanagement, Katja Göbel, teilnahmen, um die Pläne der Stadt zu erläutern (wir berichteten). Laut Garagenentwicklungskonzept gehören die beiden Anlagen „An der Wendeschleife“wie auch die Anlagen „Hinter der Gärtnerei“und „Auf dem Hildebrand“zu den „mittelfristig“zu erhaltenden Anlagen. Allerdings ist diese generelle Neubewertung bislang nicht erfolgt.
Der bundesweit tätige Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) appelliert an die übergeordnete Politik, den zum Jahresende auslaufenden Paragrafen im Schuldrechtsanpassungsgesetz zu verlängern. Dann würde es bei der heutigen Situation bleiben, und es entstünde kein Zeitdruck. Denn überhaupt sei vieles noch unklar
und drohten Gerichtsverfahren zur Rechtmäßigkeit der Abrisskosten. „Denn was ist der Urzustand, wenn Pächter das Grundstück zu DDRZeiten erst urbar gemacht haben?“, so VDGN-Pressesprecher Holger Becker (das ist nicht der Jenaer Bundestagsabgeordnete).
Miete ansparen für den späteren Abriss
Der Verband appelliert zudem an Kommunen und andere juristische Personen, zur Entlastung der Bürger die Möglichkeit zu nutzen, weiterhin keine Umsatzsteuer für Garageneigentümer mit DDR-Vertrag zu erheben.
Der KIJ spricht von einem Entgegenkommen, da man bereit sei, die Garage zu übernehmen. Mit Übergabe der Garage an den KIJ ge
diese in städtisches Eigentum über und fielen spätere Abbruchkosten dem KIJ zu. Dass die Garagen demnächst abgerissen werden, ist damit nicht gesagt. Vertragsgemäß liegt die Entscheidung darüber beim Grundstückseigentümer, also dem KIJ als Verpächter. Die Garagen könnten ab dem Jahre 2023 auch weiterhin vermietet werden.
Weil für den Abriss noch kein Termin benannt ist, gibt es unter Garagenbesitzern auch die AbwarteStrategie. Diese heißt: Auf das Angebot des KIJ nicht eingehen, das Eigentum an der Garage behalten und damit keine Miete zahlen. Die Rede ist von so monatlich gesparten 50 Euro. Kommt es in den nächsten zwei, drei Jahren zu keinem Abriss, könnte die angesparte Summe für die Abrisskosten reichen.