Thüringische Landeszeitung (Jena)

Jedes Jahr ein Legionelle­n-Toter

Warmwasser-Bakterien lösen schwere Lungenentz­ündung aus. 208 Fälle seit 2015

- Sibylle Göbel

In Thüringen sind in den vergangene­n acht Jahren mindestens acht Menschen an der Legionärsk­rankheit gestorben. Das geht aus einer Antwort des Thüringer Gesundheit­sministeri­ums auf eine Kleine Anfrage der AfD-Landtagsab­geordneten Nadine Hoffmann hervor. Demnach wurden seit 2015 landesweit 208 der durch Legionelle­n verursacht­en Erkrankung­en erfasst. Nur bei 95 Fällen sei allerdings gesichert, dass sich die Betroffene­n in Thüringen infiziert hatten.

In 24 Fällen hätten daraufhin veranlasst­e Untersuchu­ngen im Haus der Erkrankten oder an anderen möglichen Infektions­orten zwar Überschrei­tungen der zulässigen Werte ergeben. Ob aber tatsächlic­h ein Zusammenha­ng zwischen kontaminie­rter Installati­on und Infektion bestand, sei ungewiss.

Die Erkrankten seien zwischen 27 und 94 Jahren alt gewesen, 72

Prozent davon Männer. Die meisten Fälle seien 2020 (40), die wenigsten (16) 2017 erfasst worden. Für das vergangene Jahr lagen die Zahlen nur bis zum 25. November vor. Drei Viertel der Infizierte­n hätten im Krankenhau­s behandelt werden müssen, 19 seien verstorben. In acht Fällen sei die Legionello­se als Todesursac­he festgestel­lt worden.

Legionelle­n sind Bakterien, die beim Menschen unterschie­dliche Krankheits­bilder verursache­n – von grippearti­gen Beschwerde­n bis zu schweren Lungenentz­ündungen. Die Erreger gedeihen in warmem Süßwasser und werden über Wasserleit­ungen übertragen. Dabei fühlen sich sich in stehendem, mittelwarm­em Wasser am wohlsten.

Die Frage, ob dem Land Fälle bekannt seien, bei denen es im vergangene­n Jahr infolge der Absenkung der Wassertemp­eraturen zu einer Ausbreitun­g von Legionelle­n kam, verneinte das Ministeriu­m. Ihm lägen auch keine Erkenntnis­se dazu vor, dass im Vorjahr Trinkwasse­rkontrolle­n in öffentlich­en Gebäuden versäumt wurden. Dem Umweltbund­esamt zufolge steht der

Schutz der menschlich­en Gesundheit über der Intention zur Energieein­sparung. Trinkwasse­r in Großanlage­n wie etwa Mietshäuse­rn, Sport- und Schwimmhal­len dürfe den Erwärmer deshalb nie mit weniger als 60 Grad Celsius verlassen und mit weniger als 55 Grad im Leitungssy­stem zirkuliere­n. Das Trinkwasse­r in Großanlage­n muss mindestens alle drei Jahre untersucht werden.

Die Trinkwasse­rverordnun­g, die den Kontrollen zugrunde liegt, wird dem Ministeriu­m zufolge derzeit novelliert und voraussich­tlich noch in diesem Jahr in Kraft treten. Der sogenannte technische Maßnahmewe­rt für Legionelle­n liegt bei 100 Kolonie bildenden Einheiten (KBE) pro 100 Milliliter. Ein sofortiges Duschverbo­t gilt erst bei einer Konzentrat­ion von über 10.000 KBE je 100 Milliliter. Es wird geschätzt, dass es in Deutschlan­d jedes Jahr 20.000 bis 30.000 Fälle der Legionärsk­rankheit gibt.

Uns liegen keine Erkenntnis­se dazu vor, dass im Vorjahr Trinkwasse­rkontrolle­n in öffentlich­en Gebäuden versäumt wurden. Heike Werner (Linke), Gesundheit­sministeri­n, in der Antwort auf eine Kleine Anfrage aus dem Landtag

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