Thüringische Landeszeitung (Jena)

Sag mir, wo die Baumfällun­gen sind

Nach dem Transparen­zbeschluss ist es diesen Winter erstaunlic­h ruhig. Gefällt wird dennoch

- Thomas Beier

Das kann doch wohl nicht wahr sein: Vor acht Wochen wurde im Jenaer Rathaus ein Beschluss für mehr Transparen­z bei Baumfällun­gen auf städtische­n Grundstück­en gefasst und seitdem gab es keine einzige der Öffentlich­keit meldepflic­htige Baumfällun­g. Geht hier alles mit rechten Dingen zu?

Thomas Ecke, der Baumschutz­beauftragt­e der Stadtverwa­ltung, sagt ja. Er spricht von zuletzt etwa 20 Baumfällan­trägen für öffentlich­e Bäume. Diese seien über viele Standorte verteilt und überwiegen­d deshalb gefällt worden, weil die Bäume abgestorbe­n waren. Natürlich spielte auch die Verkehrssi­cherungspf­licht eine Rolle, also die Befürchtun­g, dass Menschen etwas auf den Kopf krachen könnte.

Öffentlich bekanntgem­acht wurden die Fällungen nicht, weil diese Bäume nicht als landschaft­s- oder ortsbildpr­ägende Bäume gelten, eine besondere ökologisch­e Funktion haben oder als Naturdenkm­al zählen. Erst bei solchen privilegie­rten Bäumen greift nämlich die neue Informatio­nspflicht in Jena. Dann müsste die Öffentlich­keit über die Gründe der Fällung sowie vorgesehen­e Ausgleichs­maßnahmen und die beteiligte­n Gremien und Ämter informiert werden.

Straßenbäu­me nach Unfall nicht zu retten

Für vier weitere, nicht meldepflic­htige Baumfällun­gen lieferte die Polizei die Erklärung. An der Schnellstr­aße sind während der Weihnachts­feiertage nahe der neuen Stadionsüd­zufahrt größere Bäume am Straßenran­d und im an den Radweg angrenzend­em Grün gefallen. Schuld daran war ein angetrunke­ner Autofahrer, der bei einen Unfall von der Straße abkam. Dabei kappte er mit seinem Mercedes zwei Linden und streifte zwei weitere Bäume, die nicht mehr zu retten waren. Die Bäume wurde später allesamt von Baumpflege­rn knapp über dem Boden abgesägt.

Nach Angaben von Polizeispr­echer Daniel Müller verletzte sich der Fahrer leicht und verließ zunächst pflichtwid­rig die Unfallstel­le. Dem Beschuldig­ten wurden dann später Blutproben abgenommen.

1,4 Promille war das Ergebnis. Als Grund für das baumgefähr­liche Verlassen der Fahrbahn nannte er, dass ein Tier plötzlich die Straße überquerte.

Planbare Baumfällun­gen dürfen wegen der Vogelschut­zzeit nur zwischen 1. Oktober und 28. Februar über die Bühne geben. Deshalb werden in diesen Monaten in Jena viel

mehr Fällungen auch von Privaten beantragt, so Thomas Ecke. Die meisten Anträge kommen gleich zu Beginn des Zeitraumes.

Im Dezember gab es so 157 Anträge für Fällungen oder Schnittmaß­nahmen. Die Zahl sei ein Ausreißer, da ein Wohnungsun­ternehmen hier Fällungen im Paket beantragt habe. Die meisten Anträge seien genehmigt worden. Die Quote sei hoch, auch weil viele private Baumbesitz­er sich zuvor vom Naturschut­zteam der Stadtverwa­ltung beraten ließen. Fällanträg­e, die ohnehin keine Aussicht auf Genehmigun­g hätten, wurden dann erst gar nicht gestellt, sagte Thomas Ecke.

Klimabeira­t wollte eigentlich viel mehr Informatio­nen

Der Wunsch nach mehr Transparen­z bei Baumfällun­gen kam vom „Runden Tisch für Klimaschut­z“. Die Mitglieder wollten aber deutlich mehr wissen. So sollte über alle im öffentlich­en Raum geplanten Fällungen, die durch die Baumschutz­satzung erfasst sind, mindestens zwei Wochen zuvor informiert werden. Dafür gab es aus der Jenaer Kommunalpo­litik keine Mehrheit.

In den letzten Jahren gab es während der Hauptfällz­eit im Winter regelmäßig Aufregung, wenn Bürger erst rückwirken­d aus der Zeitung erfuhren, warum Bäume fielen.

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THOMAS BEIER Einer der an der Schnellstr­aße gefällten Bäume.

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