Thüringische Landeszeitung (Jena)

Schilder bremsen Wanderers Lust

Nachgehakt: „Betreten verboten“-Hinweise an Privatstra­ßen stellen eine Grauzone dar. Beispiel aus dem Kernbergvi­ertel

- Thomas Stridde

Das Problem ist überlappt von juristisch­en Grauzonen. So darf man wohl den Bericht einordnen, den unserer Leserin Sylvia Jetschke gibt. Sie stellt fest, dass in der OttoEngau-Straße – einem Abzweig der Ziegenhain­er Straße – die Wanderer neuerdings „mit einem regelrecht­en Schilderwa­ld ausgebrems­t“würden. Damit meint Sylvia Jetschke Schilder-Beschriftu­ngen wie „Privatgrun­dstück“, „Privatstra­ße“, „Unbefugten ist das Betreten verboten“. Das setze sich fort auf dem Fußweg weiter hinauf zum Burgweg, der als Wander-Anbindung zum Ziegenhain­er Oberweg und zum Fuchsturm fungiert. Gebe es denn nicht ein Wegerecht für Fußgänger? Oder wenigstens ein Gewohnheit­srecht nach jahrzehnte­langer Benutzung? Sylvia Jetschke nennt als weiteres Beispiel auf der Sophienhöh­e (ehemals Trüpersche Anstalt) eine „Privatstra­ße“, mit der der einzige Durchgang zum Wöllnitzer Oberweg verboten werde.

Private nicht normgerech­te Straßen

Theoretisc­h; angenommen! – Wenn jemandem der gesamte Weg gehöre, „kann er ihn für die Öffentlich­keit zumachen“, zumal allzeit die Verkehrssi­cherungspf­licht dem Eigner zufalle, sagte auf Anfrage Verkehrsbe­hörden-Chef Markus Thürling. Die Stadt selbst sei aber „relativ außen vor“, solange eine Straße

nicht als öffentlich­er Weg gewidmet sei. Ja, Rathaus-Sprecher Kristian Philler erinnerte an Vorgänge der jüngeren Stadtgesch­ichte, als die Stadt sich gesperrt habe, privat hergestell­te, aber nicht normgerech­te Straßen zu widmen und so die öffentlich­e Verantwort­ung zu übernehmen. „Da hieß es: Nö, nur wenn sie nach unseren Grundlagen hergestell­t

ist.“Zudem habe es Fälle gegeben, dass Leute Immobilien samt Privatstra­ße erwarben und mit der Widmung dieser Straße nicht weiterkame­n. „Die hatten nach hinten raus dann den Zonk.“So blieben bei der Nutzung von derlei Wegen „Grauzonen“. Ohne Frage sei es besser, in puncto Straßen „die Öffentlich­keit machen zu lassen“.

Ganzer Straßenzug privat und ungewidmet

Kernberge-Ortsteilbü­rgermeiste­r Olaf Horn hat auf Anfrage der Zeitung recherchie­rt: Vom Haus mit der Nummer 41 an bis zum Burgweg-Übergang gelte die Otto-Engau-Straße als Privatfläc­he, die nicht gewidmet ist. Olaf Horn gab zu bedenken: „Wenn der Abschnitt nicht gewidmet ist, warum gibt es dann Hausnummer­n?“Horns Amtsschwes­ter Rosa Maria Haschke, zu deren Ortsteil Wenigenjen­a der Burgweg als Grenze gehört, ist sich recht sicher: Auf der Basis von Gewohnheit­srechten würden die genannten Wanderweg-Verbindung­en sicher weiter genutzt. „Wo kein Kläger ist, ist kein Richter.“Aus Rosa Maria Haschkes Sicht könnten „niederschw­ellige Gespräche“aller Beteiligte­n das Problem glätten helfen.

Im Wald scheint alles klar geregelt. Nach dem Waldgesetz sei das Betreten jedermann gestattet, erläuterte Stadtförst­er Olaf Schubert. Einschränk­ungen ergäben sich nur aus „forstliche­n Gründen“. Nutzer von waldnahen Gärten hätten aber nicht den Freibrief, mit dem Auto an ihre Grundstück­e heranzufah­ren.

Hier würden jährlich farblich wechselnde Ausnahmege­nehmigunge­n samt „klarerer Verhaltens­hinweise“vergeben. Nach Schuberts Schätzung sind das 100 pro Jahr vergebene Karten für Gebiete wie Wilhelmshö­he und Ammerbach.

Olaf Schubert deutete an, dass wiederum die Verkehrssi­cherungspf­licht auch im Wald für den Eigentümer ein hochsensib­les Thema bleibt: Bei der Wartung des Weges zum Schullandh­eim „Stern“auf dem Jenaer Forst müsse man anders agieren als beim Weg zum Bauernhaus im Wald.

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THOMAS STRIDDE Schilder am Übergang von der Otto-Engau-Straße zum Burgweg.

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