Thüringische Landeszeitung (Jena)
Schilder bremsen Wanderers Lust
Nachgehakt: „Betreten verboten“-Hinweise an Privatstraßen stellen eine Grauzone dar. Beispiel aus dem Kernbergviertel
Das Problem ist überlappt von juristischen Grauzonen. So darf man wohl den Bericht einordnen, den unserer Leserin Sylvia Jetschke gibt. Sie stellt fest, dass in der OttoEngau-Straße – einem Abzweig der Ziegenhainer Straße – die Wanderer neuerdings „mit einem regelrechten Schilderwald ausgebremst“würden. Damit meint Sylvia Jetschke Schilder-Beschriftungen wie „Privatgrundstück“, „Privatstraße“, „Unbefugten ist das Betreten verboten“. Das setze sich fort auf dem Fußweg weiter hinauf zum Burgweg, der als Wander-Anbindung zum Ziegenhainer Oberweg und zum Fuchsturm fungiert. Gebe es denn nicht ein Wegerecht für Fußgänger? Oder wenigstens ein Gewohnheitsrecht nach jahrzehntelanger Benutzung? Sylvia Jetschke nennt als weiteres Beispiel auf der Sophienhöhe (ehemals Trüpersche Anstalt) eine „Privatstraße“, mit der der einzige Durchgang zum Wöllnitzer Oberweg verboten werde.
Private nicht normgerechte Straßen
Theoretisch; angenommen! – Wenn jemandem der gesamte Weg gehöre, „kann er ihn für die Öffentlichkeit zumachen“, zumal allzeit die Verkehrssicherungspflicht dem Eigner zufalle, sagte auf Anfrage Verkehrsbehörden-Chef Markus Thürling. Die Stadt selbst sei aber „relativ außen vor“, solange eine Straße
nicht als öffentlicher Weg gewidmet sei. Ja, Rathaus-Sprecher Kristian Philler erinnerte an Vorgänge der jüngeren Stadtgeschichte, als die Stadt sich gesperrt habe, privat hergestellte, aber nicht normgerechte Straßen zu widmen und so die öffentliche Verantwortung zu übernehmen. „Da hieß es: Nö, nur wenn sie nach unseren Grundlagen hergestellt
ist.“Zudem habe es Fälle gegeben, dass Leute Immobilien samt Privatstraße erwarben und mit der Widmung dieser Straße nicht weiterkamen. „Die hatten nach hinten raus dann den Zonk.“So blieben bei der Nutzung von derlei Wegen „Grauzonen“. Ohne Frage sei es besser, in puncto Straßen „die Öffentlichkeit machen zu lassen“.
Ganzer Straßenzug privat und ungewidmet
Kernberge-Ortsteilbürgermeister Olaf Horn hat auf Anfrage der Zeitung recherchiert: Vom Haus mit der Nummer 41 an bis zum Burgweg-Übergang gelte die Otto-Engau-Straße als Privatfläche, die nicht gewidmet ist. Olaf Horn gab zu bedenken: „Wenn der Abschnitt nicht gewidmet ist, warum gibt es dann Hausnummern?“Horns Amtsschwester Rosa Maria Haschke, zu deren Ortsteil Wenigenjena der Burgweg als Grenze gehört, ist sich recht sicher: Auf der Basis von Gewohnheitsrechten würden die genannten Wanderweg-Verbindungen sicher weiter genutzt. „Wo kein Kläger ist, ist kein Richter.“Aus Rosa Maria Haschkes Sicht könnten „niederschwellige Gespräche“aller Beteiligten das Problem glätten helfen.
Im Wald scheint alles klar geregelt. Nach dem Waldgesetz sei das Betreten jedermann gestattet, erläuterte Stadtförster Olaf Schubert. Einschränkungen ergäben sich nur aus „forstlichen Gründen“. Nutzer von waldnahen Gärten hätten aber nicht den Freibrief, mit dem Auto an ihre Grundstücke heranzufahren.
Hier würden jährlich farblich wechselnde Ausnahmegenehmigungen samt „klarerer Verhaltenshinweise“vergeben. Nach Schuberts Schätzung sind das 100 pro Jahr vergebene Karten für Gebiete wie Wilhelmshöhe und Ammerbach.
Olaf Schubert deutete an, dass wiederum die Verkehrssicherungspflicht auch im Wald für den Eigentümer ein hochsensibles Thema bleibt: Bei der Wartung des Weges zum Schullandheim „Stern“auf dem Jenaer Forst müsse man anders agieren als beim Weg zum Bauernhaus im Wald.