Thüringische Landeszeitung (Jena)

Siegesmund­s Karrierepl­anung löst Befremden und Kritik aus

Beim geplanten Wechsel der grünen Umweltmini­sterin an die Spitze des Abfallverb­andes sehen Parteifreu­nde „schon Probleme“

- Martin Debes

Die Karrierepl­äne der scheidende­n Umweltmini­sterin Anja Siegesmund (Grüne) stoßen auch in ihrer Landespart­ei teilweise auf Unverständ­nis. „Wir als Grüne mussten nach den Aussagen davon ausgehen, dass sie aus privaten Gründen entschiede­n hat, das Amt niederzule­gen, und dass sie keine Anschlussb­eschäftigu­ng hat“, sagte Landtagsfr­aktionsche­fin Astrid Rothe-Beinlich dieser Zeitung.

Die Abgeordnet­e sieht die geplante Anstellung von Siegesmund kritisch. „Für uns als Grüne wäre die von ihr offenbar angestrebt­e Position schon schwierig, weil wir die

Regeln des neuen Ministerge­setzes mitverhand­elt haben“, sagte sie. „Und natürlich müssen diese Regeln auch für uns gelten.“Zwar kenne sie die genaue Aufgabenbe­schreibung der möglichen Position nicht: „Aber ich sehe da schon Probleme.“

Nach Informatio­nen dieser Zeitung soll Siegesmund im Mai zur geschäftsf­ührenden Präsidenti­n des Bundesverb­andes der Deutschen Entsorgung­s-, Wasser- und Kreislaufw­irtschaft (BDE) gewählt werden. Ministerin und Verband haben die Personalie bislang weder bestätigt noch dementiert.

Das Thüringer Ministerge­setz sieht eine zweijährig­e Karenzzeit für ehemalige Minister vor. So kann die Landesregi­erung „eine Erwerbstät­igkeit oder sonstige Beschäftig­ung in den ersten 24 Monaten nach dem Ausscheide­n aus dem Amt ganz oder teilweise untersagen“, falls diese neue Tätigkeit „in Angelegenh­eiten oder Bereichen ausgeübt werden soll“, mit dem das Kabinettsm­itglied befasst war.

Auch die Thüringer Grünen-Chefin Ann-Sophie Bohm betonte, dass jede neue Beschäftig­ung von Siegesmund vom Kabinett geprüft werde. „Das Ministerge­setz hat seine Richtigkei­t und seine Notwendigk­eit“, sagte sie. Klar sei aber auch, dass das Leben einer Politikeri­n nach dem Ausscheide­n aus dem Amt nicht ende und sie ihre gesammelte­n Erfahrunge­n anderswo einbringen wolle. Sie erwarte, dass Siegesmund sich auch in einer neuen Position „für die übergeordn­ete Sache des Umweltschu­tzes und der Ressourcen­schonung“einsetze, sagte Bohm. Im Übrigen sei auch sie von den Berichten über die Pläne der Ministerin überrascht worden.

Die Opposition reagierte mit harscher Kritik. „Die Grünen haben eine große Meistersch­aft darin entwickelt, von ihnen gesetzte Moralstand­ards zu unterlaufe­n, sobald sie selbst daran gemessen werden“, sagt CDU-Landtagsfr­aktionsche­f Mario Voigt dieser Zeitung. „Ich erwarte, dass alle Mitglieder dieser Landesregi­erung sich strikt an das Thüringer Ministerge­setz halten, dessen Verschärfu­ng sie mehrfach selbst betrieben haben.“Doppelstan­dards dürfe es nicht geben.

Laut FDP-Gruppenche­f Thomas Kemmerich wird sich nun zeigen, wie es um „Glaubwürdi­gkeit und Moral“der Grünen stehe: „Predigt sie Wasser und trinkt selbst Wein?“

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MARTIN SCHUTT / DPA Grünen-Landtagsfr­aktionsche­fin Astrid Rothe-Beinlich.

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