Thüringische Landeszeitung (Jena)
Schneeglöckchen
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
als ich vor wenigen Tagen die ersten Schneeglöckchen blühen sah im Vorgarten von Freunden, da freute ich mich. Schneeglöckchen Anfang Januar: Das erschien mir außergewöhnlich. Und zwar außergewöhnlich schön. Ich konnte mich nicht erinnern, jemals derart frühzeitig im Jahr diese Blümchen gesehen zu haben. Aber wie es so ist mit dem Erstaunlichen: Es drängt sich immer gleich der Gedanke auf, ob das womöglich Zeichen eines Problems ist, das sich eben nicht nur auf diesen Winter beschränken wird.
Klar, es gab früh im Winter 2022/2023 Eiseskälte und Schnee. Aber nun ist es schon wieder viel zu lange viel zu mild. Daran ändert der jetzt in Aussicht gestellte, eher leichte Kälteeinbruch womöglich wenig.
Das sich ändernde Klima ist das eine, das andere sind die damit verbundenen Leiden. Hier soll es heute weniger um Hochwassergefahr und Sturzfluten gehen. Ich denke eher an Hasel, Erle, Birke – also die ersten Allergieauslöser im neuen Jahr. Früher hatten die an Allergien leidenden Menschen im Januar meist Ruhe. Sie konnten Spaziergänge in der ruhenden Natur genießen. Aber schauen Sie sich jetzt mal die Haseln an. Wunderbar sehen die aus: Das mögen alle sagen, die von Allergien bisher verschont geblieben sind. Für Allergiker dagegen gelten jetzt schon wieder alle Vorsichtsmaßnahmen wie sonst im Februar und März.
Wenn ich in diesen Tagen also Schneeglöckchen sehe, erfreue ich mich an dem Anblick und habe dennoch das Gefühl, dass da etwas aus dem Lot geraten ist. Hoffentlich kommt der Winter noch einmal zurück. Und zwar richtig. Für die Natur wäre das wichtig. Und für die Menschen auch.