Thüringische Landeszeitung (Jena)
Zumindest ein Anfang
Die Theaterpauschale entlastet kommunale Träger kurzfristig. Viel gewonnen für die Zukunft scheint damit noch nicht
Beinahe unterm Radar passierte die Theaterpauschale Ende Dezember den Landtag, als der mit dem lange strittigen Haushalt den neuerlich veränderten Kommunalen Finanzausgleich (KFA) beschloss. Dabei wähnten im Sommer selbst Parteifreunde Benjamin-Immanuel Hoffs (Linke), der Kulturminister werde sich mit seinem vom Brandenburger Modell inspirierten Vorstoß eine blutige Nase holen.
Gewissermaßen bluten müssen nun allenfalls jene Kommunen, die keines der zwölf öffentlich geförderten Theater und Orchester mitfinanzieren. Fortan zumindest indirekt „alle Kommunen an der Finanzierung der Theater- und Orchesterlandschaft zu beteiligen“, war eines der erklärten Ziele, die die Regierung mit der Pauschale verfolgte.
Aus dieser Sicht kontraproduktiv gewesen wäre, was CDU-Innenpolitiker Raymond Walk in der finalen
Die Wirksamkeit und die tatsächlichen Effekte der „Theaterpauschale“sind noch nicht abschließend beurteilbar. Carsten Müller, Werkleiter von Jena-Kultur
und arg gedrängten Haushaltsdebatte erklärte: Seine Partei begrüße KFA-Maßnahmen wie die Theaterpauschale, dergleichen dürfe aber nicht dazu führen, dass die Schlüsselmasse entsprechend gekürzt wird: „Das wollten wir ausgleichen.“Womit man aber scheiterte.
Dorothea Marx (SPD) nannte den Kulturlastenausgleich und die in ihm nun verankerte Pauschale im Plenum derweil „unheimlich wichtige Dinge, die unser Land lebensund liebenswert machen und die nicht in den großen Zuschüssen sozusagen einfach nur so untergewurschtelt werden sollen.“
Die kommunalen Theater- und Orchesterträger sollen jetzt jährlich 20 Prozent ihrer Zuschüsse aus dem Finanzausgleich erhalten. In
diesem Jahr zahlen sie insgesamt mehr als 54 Millionen Euro (das Land selbst 83 Millionen) und bekommen derart knapp 11 Millionen gleichsam erstattet. Hoffs Staatskanzlei spricht von einer Sonderzuweisung. (Die grundsätzlich etwas anders geregelte Theaterfinanzierung Brandenburgs wird zu 30 Prozent aus dem KFA bestritten).
Kommunen müssen bis Frühjahr auf Verwaltungsvorschrift warten
Das soll unter anderem die unterschiedlich großen Lücken zum Flächentarif schließen helfen, wie ihn bislang nur die Theater Weimars, Erfurts und Meiningens sowie seit einem Jahr auch Gera-Altenburgs zahlen. Allerdings, das räumte Hoff bereits im Herbst ein, wirkt die Theaterpauschale nicht so stark wie gedacht, weil inzwischen die Mindestgagen erhöht worden sind, derweil bekanntlich die Energiekosten allerorten stiegen.
Gleichwohl bedeute die Theaterpauschale „definitiv mehr als ein
Tropfen auf den heißen Stein“, bestätigt Weimars OB Peter Kleine unserer Zeitung. Sie sei „aus Weimars Sicht gut und wichtig“und entlaste den Stadthaushalt insofern, als man ihn unter anderem damit, aber auch wegen Mitteln wie der Energiepreisbremse für 2023 zukriegen werde. Darüber hinaus bedeute sie „ein Stück weit Gerechtigkeit.“Im Fall des DNT ist es das Weimarer Land, das nicht an der Finanzierung direkt beteiligt ist. Ähnlich äußert sich Erfurts Kulturdezernent Tobias J. Knoblich. Und Carsten Müller von Jena-Kultur glaubt: „Auf diese Weise sollte ein sonst anstehender entsolidarisierender Kampf der Kulturakteure um die Mittel des Landeskulturbudgets zumindest in seiner erwartbaren Schärfe reduziert worden sein.“
Zugleich reagiert man allerorten zurückhaltend. In Antworten auf eine E-Mail-Umfrage unserer Zeitung weisen kommunale Träger darauf hin, dass sie die Verwaltungsvorschrift abwarten, die die Staatskanzlei
in Absprache mit dem Innenministerium erarbeiten muss. Die wird erst im Frühjahr vorliegen, heißt es aus der Staatskanzlei.
Bislang habe das Land mehrere Berechnungsbeispiele vorgetragen, so dass derzeit nicht klar sei, wie hoch die Entlastung tatsächlich ist, hört man etwa aus Eisenach.
Weitere Erhöhungen der Zuschüsse erforderlich
Die Stadt ist an ihrem Landestheater und der Thüringen Philharmonie beteiligt. Im Kreis Gotha betont man den Entlastungseffekt und will die Orchesterpauschale „hundertprozentig“dafür verwenden, dass sich die Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach nicht noch weiter vom Flächentarif entfernt.
Auch die Träger des Theaters Rudolstadt und der Saalfelder Symphoniker wollen das Geld aus der Pauschale vollständig deren Beschäftigten zugutekommen lassen, „um die bestehende Tarifungerechtigkeit zu beseitigen.“Um die Lücke
zum Flächentarif komplett zu schließen – sie ist derzeit 20 Prozent groß – seien jedoch weitere Erhöhungen der Zuschüsse erforderlich.
Als Gesellschafter des Theaters Nordhausens nebst Loh-Orchester Sonderhausen erhält der Kreis Nordhausen über die Pauschale erstmals Geld aus dem Kulturlastenausgleich: „ein wichtiger Beitrag zur Förderung der Kultur im ländlichen Raum.“Zugleich steigen die Kosten jährlich. Weshalb die Stadt Nordhausen die Pauschale „dringend notwendig“nennt.
Zumindest ein Anfang, mehr aber nicht: Das sagen die Rathäuser Geras und Altenburgs über die Pauschale. „Hinzukommen sollte eine deutliche Anhebung des Landeszuschusses“, heißt es aus Gera. Alle Gesellschafter des Fünf-SpartenTheaters blicken besorgt über 2024 hinaus: Danach drohe „ein jährliches Defizit in Millionenhöhe“, so etwa der Kreis Altenburger Land.
Die Finanzierungsverhandlungen sollen im Sommer beendet sein.