Thüringische Landeszeitung (Jena)

Wie Linksextre­misten ihre Opfer markieren

In Erfurt angegriffe­ner Neonazi vor Monaten im Internet geoutet. CDU-Obmann Mohring: Bei Gewalt darf es keinen Unterschie­d in der Empörung geben

- Fabian Klaus

Der brutale Angriff auf die beiden Rechtsextr­emisten vergangene­n Mittwoch in Erfurt war offenbar nur eine Frage der Zeit. Bei einem der Opfer handelt es sich nach Informatio­nen dieser Zeitung um R., Mitglied der „Neue Stärke Partei“, die in Erfurt aus der rechtsextr­emen Kleinstpar­tei „III. Weg“hervorgega­ngen ist.

R. tauchte in den vergangene­n Monaten immer wieder als Redner und Agitator bei den Aufmärsche­n der Partei auf. In Erfurt stand er beispielsw­eise im Zuge der angemeldet­en Demonstrat­ion am 1. Mai des vergangene­n Jahres auf der Bühne.

Seine in der Szene immer offenkundi­gere Umtriebigk­eit scheint in linksextre­men Kreisen nicht verborgen geblieben zu sein. Denn spätestens seit August 2022 wurde R. dort „markiert“.

Wie das aussieht? Auf einer linksextre­men Plattform, die für jedermann einsehbar ist und auf der jedermann anonym veröffentl­ichen kann, wurde im August ein Bild des Mannes veröffentl­icht mit der Überschrif­t: „Neonazi R. (hier steht im Original der Klarname) in Nachbarsch­aft geoutet“.

Im Text bezieht sich der Verfasser darauf, dass man über R. eine FlyerAktio­n in der unmittelba­ren Nachbarsch­aft gestartet habe – und:

Auch die komplette Wohnanschr­ift des Mannes wird öffentlich gemacht. Nach Informatio­nen dieser Zeitung ist die Adresse, die dort angegeben

wird, tatsächlic­h authentisc­h.

In dem Text machen die oder der Verfasser auch deutlich, dass sie im

Kampf gegen Rechtsextr­emisten nicht auf die Behörden setzen. Wörtlich: „Der Staat wird nichts gegen Nazis unternehme­n, also müssen wir es selbst in die Hand nehmen.“Ob das nun die Gruppe getan hat, die am vergangene­n Mittwoch mit Totschläge­r und Axt auf R. sowie einen weiteren Neonazi aus der Erfurter Kleinstpar­tei einprügelt­e? Das wird die Polizei zu ermitteln haben, die von einer politisch motivierte­n Tat ausgeht.

Nach dem gewalttäti­gen Überfall auf einen Szeneladen und dem Anschlag mit Chlor auf einen Neonazi und dessen schwangere Freundin ist das bereits der dritte Fall dieser Art, der für Aufsehen sorgt.

Der CDU-Landtagsab­geordnete Mike Mohring, der für seine Partei als Obmann im Landtagsun­tersuchung­sausschuss zur Aufarbeitu­ng politische­r Gewalttate­n in Thüringen sitzt, verurteilt die Tat und macht im Gespräch mit dieser Zeitung deutlich: „In der politische­n Bewertung und der öffentlich­en Empörung darf es keinen Unterschie­d machen, ob Nazis Andersdenk­ende verprügeln, Islamisten Anschläge verüben oder Linksextre­misten Überfälle verüben.“

Im Innenaussc­huss, so Mohring, müsse geklärt werden, ob den Sicherheit­sbehörden Erkenntnis­se über „möglicherw­eise neue linksextre­mistische Zellen“vorliegen.

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SCREENSHOT: VIDEO POLIZEI THÜRINGEN In Erfurt schlagen vermummte Personen auf einen Rechtsextr­emisten ein.

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