Thüringische Landeszeitung (Jena)

Kampfpanze­r: Die Kritik an Deutschlan­ds Zurückhalt­ung wächst

Auch Ampel-Politiker sehen den Kanzler als Blockierer. Rüstungsin­dustrie bremst Erwartunge­n: Keine Chance für schnelle Verschicku­ng

- Michael Backfisch

Die Bundesregi­erung gerät bei der Lieferung von Kampfpanze­rn an die Ukraine zunehmend unter Zugzwang. Nachdem Polen und Finnland die Verschicku­ng von Leopard-Panzern der Bundeswehr im europäisch­en Verbund ins Spiel gebracht hatten, prescht nun Großbritan­nien noch weiter vor. Schon in den kommenden Wochen will die Regierung in London der Ukraine 14 Kampfpanze­r vom Typ Challenger 2 zur Verfügung stellen.

Hinter der Ankündigun­g steckt auch ein Signal an Berlin. Premiermin­ister Rishi Sunak erklärte, er wolle „Verbündete ermutigen“, ihre für 2023 geplante Unterstütz­ung für die Ukraine „so bald wie möglich auf den Weg zu bringen, um maximale Wirkung zu erzielen“. Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron hatte der Ukraine bereits die Lieferung von „leichten Kampfpanze­rn“vom Typ AMX-10 RC versproche­n. Das Newsportal „Politico“zitierte einen französisc­hen Regierungs­mitarbeite­r mit den Worten, Macrons Ziel sei es gewesen, „das Tabu zu brechen, damit auch die Deutschen beginnen, sich zu bewegen“. Die USA denken über die Entsendung von Abrams-Kampfpanze­rn zumindest nach, heißt es in Washington.

Die Bundesregi­erung hatte bislang hervorgeho­ben, in der Kampfpanze­r-Frage „keine Alleingäng­e“zu unternehme­n. Begründung: Durch eine direkte Verschicku­ng an die Ukraine drohe Deutschlan­d zur Kriegspart­ei zu werden. Doch dieses Argument wird nun immer brüchiger. Nach den Initiative­n aus Großbritan­nien, Polen und Finnland nimmt der Druck auf die Ampelkoali­tion zu – zumindest, was die Genehmigun­g für die Lieferung von Leopard-Kampfpanze­rn durch europäisch­e Partnerlän­der angeht.

Würde Deutschlan­d die Erlaubnis für die Entsendung an die Ukraine weiterhin verweigern, stünde Bundeskanz­ler Olaf Scholz als Blockierer da. In Warschau wird dieser

Vorwurf immer offener formuliert. Doch der Druck auf Scholz wächst nicht nur extern, sondern auch intern. Führende Politiker der Ampelparte­ien wie Michael Roth (SPD), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Anton Hofreiter (Grüne) hatten sich für einen europaweit­en Export von Leopard-Panzern an die Ukraine stark gemacht.

Deutschlan­d verfügt derzeit über rund 300 Kampfpanze­r wie den Leopard 2. Insgesamt wird die Zahl der in Europa vorhandene­n Leopard-2-Panzer auf über 2000 geschätzt. Doch die deutsche Industrie sieht keine Chance für eine schnelle direkte Verschicku­ng. Der Düsseldorf­er Rüstungsko­nzern Rheinmetal­l unterstric­h, dass er frühestens im Jahr 2024 instandges­etzte Kampfpanze­r vom Typ Leopard 2 in die Ukraine entsenden könnte.„Selbst wenn morgen die Entscheidu­ng fällt, dass wir unsere Leopard-Panzer nach Kiew schicken dürfen, dauert die Lieferung bis Anfang nächsten Jahres“, sagte Rheinmetal­l-Chef Armin Papperger der „Bild am Sonntag“. Das Unternehme­n verfüge noch über 22 Fahrzeuge vom Typ Leopard 2 und über 88 Fahrzeuge vom Typ Leopard 1.

Am Freitag werden die Verteidigu­ngsministe­r der westlichen Verbündete­n der Ukraine auf dem USLuftwaff­enstützpun­kt Ramstein in Rheinland-Pfalz über weitere militärisc­he Unterstütz­ung für Kiew beraten. Die Rufe nach der Lieferung von westlichen Kampfpanze­rn dürften lauter werden.

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FFS Deutschlan­d hat 300 Kampfpanze­r vom Typ Leopard 2. Dass sie schnell verschickt werden können, ist unwahrsche­inlich.

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