Thüringische Landeszeitung (Jena)
Die Alten bleiben jung
Macht uns das Alter auch ein schönes Geschenk? Ja, behauptet Harald Martenstein im „Zeit“-Magazin. Er habe mit 70 noch Träume. Ich komme nach dem Lesen seiner Betrachtungen im Prinzip zum selben Ergebnis. Nur würde ich es anders formulieren.
Der größte Vorteil, den wir Älteren der Jugend gegenüber haben, ist tatsächlich, dass wir wissen, wie sich Jungsein anfühlt. Im Gegenzug haben die Jungen keinen blassen Schimmer davon, wie es sich mit Runzeln, Rücken-, Knie- und Prostatabeschwerden lebt. Sie wähnen sich Lichtjahre davon entfernt.
Das war damals bei uns nicht anders. Aber wenn ich mir die Teenager von heute ansehe, wie sie rauchend und Süßgetränke schlürfend vorm Laptop lümmeln und sich ihr täglich Fastfood einschieben, kann ich sie mir gut mit vierzig oder fünfzig vorstellen: übergewichtig, kurzatmig, kurzsichtig, mit hohem Cholesterinspiegel und schlechten Zähnen. Das sind doch tickende Pflegefallbomben! Und schon jetzt ziehen die fitten Siebzig- und Achtzigjährigen mühelos an ihnen vorbei.
60 ist das neue 40, heißt es. Wenn man das rückwärtig weiterdenkt, müsste dann nicht auch 40 das neue 20 sein? Was ich zu bezweifeln wage. Aber dass manche 20-Jährige sich wie Zehnjährige verhalten, stimmt wiederum. Sie schaffen es nicht, ihren Körper fit zu halten und sich gesund zu ernähren. Sport? Nee, da muss man sich doch bewegen… Die durchschnittliche Lebenserwartung ist im Sinkflug. Dabei könnte, wer nach 2000 geboren wurde, 100 werden. Die Medizin macht riesige Fortschritte. Nur muss man auch selber damit Schritt halten.