Thüringische Landeszeitung (Jena)
Heils Pläne zur bezahlten Auszeit für Weiterbildung
Arbeitsminister will die Fortbildung massiv fördern. Verdi-Chef sieht darin Mittel gegen Fachkräftemangel
Berlin. Weiterbildung soll einen festen Platz im Berufsleben erhalten und künftig stärker gefördert werden: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will allen Arbeitnehmern eine bezahlte Bildungszeit gesetzlich zusichern. Dies geht aus einem Entwurf zum geplanten Weiterbildungsgesetz hervor, das vom Bundeskabinett in den nächsten Wochen beschlossen werden soll.
Beschäftigte können sich demnach bis zu ein Jahr weiterbilden, sofern ihr Arbeitgeber dem zustimmt – und werden in dieser Zeit bei ihrem Lebensunterhalt finanziell unterstützt. So sollen die Berufschancen der Beschäftigten erhöht und der Fachkräftemangel eingedämmt werden.
„Wir werden nach österreichischem Vorbild eine Bildungszeit in Deutschland ermöglichen“, sagte Hubertus Heil. In Deutschland sollen laut Gesetzentwurf alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Anspruch auf Bildungszeitgeld erhalten, wenn sie mit ihrem Arbeitgeber eine Weiterbildung von zwei bis zwölf Monaten vereinbart haben. Voraussetzung ist, dass sie bei dem Betrieb seit mindestens sechs Monaten sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren. Die Weiterbildung kann auch in Teilzeit über einen Zeitraum von zwei Jahren erfolgen.
Das Bildungszeitgeld soll der Absicherung des Lebensunterhalts dienen. Seine Höhe orientiert sich an dem üblichen Satz fürs Arbeitslosengeld. Es entspricht 60 Prozent des Nettogehalts bei Alleinstehenden und 67 Prozent bei Menschen mit Kind. Die Summe soll von der
Bundesagentur für Arbeit bezahlt werden.
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) begrüßt den Vorschlag. „Aus- und Weiterbildung helfen dabei, dem Fachkräftemangel abzuhelfen“, sagte der Ver-diVorsitzende Frank Werneke dieser Redaktion. „Es kommt darauf an, dass die Unternehmen die Möglichkeiten ergreifen und in ihre Beschäftigten investieren.“
In diesem Fall könnten davon auch viele tausend Beschäftigte in Dienstleistungsbranchen profitieren, die von den Umbrüchen in der Wirtschaft in besonderer Weise betroffen seien. Insbesondere in Sozialund Erziehungsberufen und bei vielen Berufen in Krankenhäusern und Pflege gebe es einen enormen Arbeitskräftebedarf.
Zudem sollen junge Menschen in dem Weiterbildungsgesetz eine „Ausbildungsgarantie“erhalten. Jeder solle eine Chance auf eine Ausbildung bekommen – egal, wo er wohne. Aktuell finden Jugendliche in strukturschwachen Regionen kaum Ausbildungsplätze, während sie in Regionen mit Vollbeschäftigung händeringend gesucht würden. Wenn Jugendliche für eine Ausbildung oder ein Praktikum an einen anderen Ort umziehen müssten, soll dies durch die Übernahme der Fahrt- und Unterkunftskosten unterstützt werden, so Heil.