Thüringische Landeszeitung (Jena)
Mangelnde Seniorenfreundlichkeit
Heimatcheck Teil 6: Leser erteilen ihren Regionen nur die Durchschnittsnote 3,3
Erfurt/Gera. Die Leserinnen und Leser unserer Zeitung sind mit der Seniorenfreundlichkeit im Freistaat nur leidig zufrieden. Bei der groß anlegten Leserumfrage Heimatcheck erteilten sie Thüringen die Schulnote befriedigend – beziehungsweise, auf die Kommastelle genau, eine 3,3. Das ist nach den Vorwochenthemen wie Wohnortsicherheit (2,3), Sauberkeit vor Ort (2,8) oder Straßenzustand (3,2) der bislang schlechteste Wert.
Die einzelnen Regionen unterscheiden sich nicht groß voneinander: Die Leserschaft im Eichsfeld bewertet die Lebensbedingungen für ältere Menschen in ihrer Region durchschnittlich mit einer 3,0 noch am besten. Gera bildet mit der Note 3,6 zum wiederholten Male das Schlusslicht. Die Stadt an der Weißen Elster teilt sich den letzten Platz allerdings mit dem Kyffhäuserkreis.
Mangel an Seniorentreffs und fehlende Busanbindungen
Eine Eichsfelder Leserstimme beklagt beispielsweise fehlende Freizeitangebote für ältere Bürger in Worbis: „Die Seniorenbetreuung gibt es nur auf dem Papier. Es gibt keinen würdigen Treff für Senioren“, schreibt der betreffende Leser. „Einen alten dunklen, unwürdigen Raum im evangelischen Pfarrgebäude. Jede Woche der gleiche Wochenplan, lächerlich.“Einzig gepflegt und sehenswert sei der Friedhof von Worbis.
Es gibt dort aber auch andere Stimmen: „Worbis ist ein idealer Wohnort für junge Familien mit Kindern und zugleich ein sehr angenehmer Wohnort für Senioren“, schreibt ein anderer Kommentator, schränkt allerdings ein: „Dazu steht jedoch im Widerspruch die Versorgung mit Arztpraxen für Allgemeinmedizin.“
In Gera-Lusan kritisiert ein Leser die weiten Wege für Senioren zur
Post und zu anderen Dienstleistungen. Eine weitere Leserstimme aus dem Raum Gera-Süd bemängelt die seniorenunfreundlichen Busanbindungen. Der erste Bus fahre erst gegen Mittag, so könnten keine Termine in der Stadt wahrgenommen werden. Auch ein Leser aus Seega – „zu DDR-Zeiten das schönste Dorf im Kreis Artern“(Kyffhäuserkreis) – beklagt die mangelnde Nahverkehrsanbindung.
In ähnliche Richtung geht auch die Kritik des Landesseniorenrats Thüringen.
Die Interessenvertretung macht vor allem auf vier Problemfelder aufmerksam: „Pflege und Pflegeangebote sind eine riesige Baustelle“, sagt deren Geschäftsführer Jan Steinhaußen. Es fehle beispielsweise an Fachkräften. Die hospitalisierte Pflege trage zudem stark ausgrenzenden Charakter, gesellschaftliche Teilhabe sei für viele Pflegeheimbewohner kaum möglich.
Als zweiten Punkt nennt Steinhaußen die fehlenden „Engagement-Angebote für ältere Menschen“. Senioren müssten die Chance erhalten, sich viel stärker und sinnstiftend ins Gemeinwesen, die Gesellschaft, einzubringen. Auch an geeigneten Wohnformen für Ältere mangele es – vor allem an Wohnmodellen, die Vereinsamung im Alter verhinderten, erläutert Steinhaußen seinen dritten Kritikpunkt.
Verbesserungsbedarf sieht der Geschäftsführer obendrein bei der Barrierefreiheit im öffentlichen Raum. „Beispielsweise ist ein Großteil der Arztpraxen nicht barrierefrei erreichbar.“