Thüringische Landeszeitung (Jena)

Politische Puppenplän­e

Waidspeich­er-Bühne soll nun doch noch wieder ins Theater Erfurt eingeglied­ert werden

- Michael Helbing

In einem Nebensatz deutete Thomas Grysko dergleiche­n bereits im vergangene­n Juli an: Der „Theatertra­nsformatio­nsprozess Erfurt“, so der Projektlei­ter Theater im Kulturdeze­rnat auf einem Podium des Festivals „Phoenix 2.0“, umfasst viel mehr als die Frage, ob und wie es wieder eigene Schauspiel­angebote in der Landeshaup­tstadt geben kann. Unter anderem gehe es auch ums Puppenthea­ter Waidspeich­er.

In bisherigen Beteiligun­gsrunden spielte das zwar keine Rolle. Inzwischen verdichtet­en sich gleichwohl Hinweise, dass die Stadt einen alten Plan aus der Tasche holt.

Auf Nachfrage bestätigt Gryskos Chef, Dezernent Tobias J. Knoblich: „Unser Ziel besteht darin, das Puppenthea­ter komplett ins Theater Erfurt zu reintegrie­ren, auch räumlich.“Das sei eine Option, Auftaktges­präche dazu habe es gegeben, detaillier­tere werden demnach ab Februar folgen. Knoblich möchte derart gerne „Doppelstru­kturen“abschaffen: Werkstätte­n, Verwaltung, Vermarktun­g, Ticketing, Intendante­n. Das sei „kein millionens­chwerer Befreiungs­schlag“für den Kulturhaus­halt der Stadt, „aber einen signifikan­ten Betrag und Baustein, der eine gewisse Manövrierf­ähigkeit für anderes erlaubte.“

Reintegrat­ion des Puppenthea­ters seit über zehn Jahren ein Thema

Im Gespräch ist das seit mehr als zehn Jahren. „Die organisato­rische und künstleris­che Reintegrat­ion des Puppenthea­ters Waidspeich­er in den Eigenbetri­eb Theater Erfurt“stand bereits 2013 als Prüfauftra­g im Finanzieru­ngsvertrag mit Stadt und Land. Ein vom damaligen Kulturstaa­tssekretär Thomas Deufel (SPD) bei den Unternehme­nsberatern von Actori (München) beauftragt­es Gutachten zur Theaterlan­dschaft Thüringen ging dem voraus. In der nächsten Verhandlun­gsrunde wurde aber doch nichts daraus.

Nun, da Strukturen und Organisati­on

des Theaters Erfurt für die Zeit ab 2027 überdacht werden und dabei ohnehin ein anderes, kollektive­res Leitungsmo­dell im Raum steht, geht man es wieder mal an: mit dem jedoch noch kaum untersetzt­en Zauberwort Synergien.

1979 als Sparte der Städtische­n Bühnen gegründet, wurde das Puppenthea­ter vor dreißig Jahren in ein vereinsget­ragenes Privatthea­ter gerettet, mit heute 27 Mitarbeite­rn. Es ist Thüringens größte und bedeutends­te Puppenbühn­e, mit internatio­nalem Renommee. Kleinere Sparten gibt’s noch an den Theatern in Meiningen und Altenburg-Gera.

Einstweile­n kein Geld für die Sanierung des Waidspeich­ers

Eine Reintegrat­ion geschehe nicht schlagarti­g, so Knoblich, sondern über einen längeren Zeitraum, beginnend mit einer „privilegie­rten Partnersch­aft.“Die künstleris­che Autonomie solle erhalten bleiben. Knoblich argumentie­rt auch mit dem Waidspeich­er, seit 1986 Spielstätt­e des Puppenthea­ters und des Kabaretts „Die Arche“: „Der Standort ist prekär, wir müssten ihn sanieren.“Dafür fehle einstweile­n Geld.

Zweifellos müsse irgendwann saniert werden, bestätigt Intendanti­n Sibylle Tröster. Aber das Haus sei „sicherheit­stechnisch vollkommen okay“, der Betrieb nicht gefährdet. Zu Gesprächen sei man generell bereit. Als Person stehe sie aber mit Überzeugun­g für die Eigenständ­igkeit, Ensemble und Betriebsra­t ebenso. „Ich werde nicht mein eigenes Theater abschaffen.“Seit 2009 Intendanti­n, läuft ihr Vertrag aktuell bis 2024. Sie will ihn jedenfalls nicht über 2027 hinaus verlängern.

Für eine komplette Wiedereing­liederung ins Theater Erfurt fehlt es bislang ohnehin an einem schlüssige­n Raumprogra­mm, räumt auch Knoblich ein. Wo das Puppenthea­ter proben und wo es spielen würde, ist kaum ansatzweis­e klar. Es gebe aber keinen Zeitdruck, auch nicht durch die laufenden Finanzieru­ngsverhand­lungen mit dem Land.

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LUTZ EDELHOFF Otfried Preußlers „Krabat“ist, in Matthias Thiemes Regie, eine der aktuellen Erfolgsins­zenierunge­n im Theater Waidspeich­er.

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