Thüringische Landeszeitung (Jena)
Politische Puppenpläne
Waidspeicher-Bühne soll nun doch noch wieder ins Theater Erfurt eingegliedert werden
In einem Nebensatz deutete Thomas Grysko dergleichen bereits im vergangenen Juli an: Der „Theatertransformationsprozess Erfurt“, so der Projektleiter Theater im Kulturdezernat auf einem Podium des Festivals „Phoenix 2.0“, umfasst viel mehr als die Frage, ob und wie es wieder eigene Schauspielangebote in der Landeshauptstadt geben kann. Unter anderem gehe es auch ums Puppentheater Waidspeicher.
In bisherigen Beteiligungsrunden spielte das zwar keine Rolle. Inzwischen verdichteten sich gleichwohl Hinweise, dass die Stadt einen alten Plan aus der Tasche holt.
Auf Nachfrage bestätigt Gryskos Chef, Dezernent Tobias J. Knoblich: „Unser Ziel besteht darin, das Puppentheater komplett ins Theater Erfurt zu reintegrieren, auch räumlich.“Das sei eine Option, Auftaktgespräche dazu habe es gegeben, detailliertere werden demnach ab Februar folgen. Knoblich möchte derart gerne „Doppelstrukturen“abschaffen: Werkstätten, Verwaltung, Vermarktung, Ticketing, Intendanten. Das sei „kein millionenschwerer Befreiungsschlag“für den Kulturhaushalt der Stadt, „aber einen signifikanten Betrag und Baustein, der eine gewisse Manövrierfähigkeit für anderes erlaubte.“
Reintegration des Puppentheaters seit über zehn Jahren ein Thema
Im Gespräch ist das seit mehr als zehn Jahren. „Die organisatorische und künstlerische Reintegration des Puppentheaters Waidspeicher in den Eigenbetrieb Theater Erfurt“stand bereits 2013 als Prüfauftrag im Finanzierungsvertrag mit Stadt und Land. Ein vom damaligen Kulturstaatssekretär Thomas Deufel (SPD) bei den Unternehmensberatern von Actori (München) beauftragtes Gutachten zur Theaterlandschaft Thüringen ging dem voraus. In der nächsten Verhandlungsrunde wurde aber doch nichts daraus.
Nun, da Strukturen und Organisation
des Theaters Erfurt für die Zeit ab 2027 überdacht werden und dabei ohnehin ein anderes, kollektiveres Leitungsmodell im Raum steht, geht man es wieder mal an: mit dem jedoch noch kaum untersetzten Zauberwort Synergien.
1979 als Sparte der Städtischen Bühnen gegründet, wurde das Puppentheater vor dreißig Jahren in ein vereinsgetragenes Privattheater gerettet, mit heute 27 Mitarbeitern. Es ist Thüringens größte und bedeutendste Puppenbühne, mit internationalem Renommee. Kleinere Sparten gibt’s noch an den Theatern in Meiningen und Altenburg-Gera.
Einstweilen kein Geld für die Sanierung des Waidspeichers
Eine Reintegration geschehe nicht schlagartig, so Knoblich, sondern über einen längeren Zeitraum, beginnend mit einer „privilegierten Partnerschaft.“Die künstlerische Autonomie solle erhalten bleiben. Knoblich argumentiert auch mit dem Waidspeicher, seit 1986 Spielstätte des Puppentheaters und des Kabaretts „Die Arche“: „Der Standort ist prekär, wir müssten ihn sanieren.“Dafür fehle einstweilen Geld.
Zweifellos müsse irgendwann saniert werden, bestätigt Intendantin Sibylle Tröster. Aber das Haus sei „sicherheitstechnisch vollkommen okay“, der Betrieb nicht gefährdet. Zu Gesprächen sei man generell bereit. Als Person stehe sie aber mit Überzeugung für die Eigenständigkeit, Ensemble und Betriebsrat ebenso. „Ich werde nicht mein eigenes Theater abschaffen.“Seit 2009 Intendantin, läuft ihr Vertrag aktuell bis 2024. Sie will ihn jedenfalls nicht über 2027 hinaus verlängern.
Für eine komplette Wiedereingliederung ins Theater Erfurt fehlt es bislang ohnehin an einem schlüssigen Raumprogramm, räumt auch Knoblich ein. Wo das Puppentheater proben und wo es spielen würde, ist kaum ansatzweise klar. Es gebe aber keinen Zeitdruck, auch nicht durch die laufenden Finanzierungsverhandlungen mit dem Land.