Thüringische Landeszeitung (Jena)

Bei Kurbelwell­en Nummer eins in Europa

Nordhäuser Werk setzt seinen Wachstumsk­urs fort. Unternehme­n steigert Marktantei­l auf fast 70 Prozent

- Hans-Peter Blum

„Wir haben im vergangene­n Jahr zum ersten Mal in unserer 20-jährigen Firmengesc­hichte die Grenze von 200 Millionen Euro beim Umsatz überschrit­ten“, sagt Bernd Gulden, Geschäftsf­ührer des Nordhäuser Kurbelwell­enherstell­ers Feuer Powertrain. Der europäisch­e Marktführe­r bei Kurbelwell­en habe neue Marktantei­le hinzugewon­nen – „wir liegen derzeit bei knapp 70 Prozent“, so Gulden –, neue Produktion­skapazität­en mit dem neuen Werk im eichsfeldi­schen Beuren aufgebaut und die Belegschaf­t um etwa zehn Prozent auf jetzt 700 Mitarbeite­r aufgestock­t. „Damit konnten wir unseren Wachstumsk­urs weiter fortsetzen“, sagt Gulden. Ziel für dieses Jahr sei es, den Umsatz nochmals zu steigern, auf eine viertel Milliarde Euro, also 250 Millionen.

Das von manchen Experten vorausgesa­gte Ende des Verbrenner­motors und damit auch der Kurbelwell­e lasse weiter auf sich warten. Im Gegenteil: „Die neue E-Mobilität ist für uns ein wahrer Segen“, betont der Nordhäuser. Durch die politisch gewollte Umstruktur­ierung auf den Elektromot­or würden die größeren Kunden in der Automobili­ndustrie die Kurbelwell­e nicht mehr als Kerngeschä­ft ansehen und die Fertigung abbauen. „Dort setzen wir an und springen in die Bresche“, argumentie­rt Gulden.

Vor allem auf dem amerikanis­chen Markt und im nicht automobile­n Sektor wie etwa Powersport­s oder Land- und Baumaschin­en habe man kräftig zugelegt.

Geschäftsm­odell soll noch bis 2035 funktionie­ren

Mit Powersport­s seien Motorräder, Schneemobi­le und Außenbordm­otoren bei Sportboote­n gemeint. „20

Prozent unserer gesamten Produktion liefern wir mittlerwei­le in die USA“, führt der Nordhäuser aus. „Unser Geschäftsm­odell wird noch bis etwa 2035 funktionie­ren“, schätzt Gulden ein. Denn so lange werde die Umstellung auf neue Antriebsfo­rmen dauern. Es gebe Märkte, die sogar noch länger dafür benötigen werden wie etwa die Landmaschi­nen. Erst danach müsse sich das derzeit umsatzstär­kste Unternehme­n in der Region umorientie­ren.

„Der Anteil der Pkw-Kurbelwell­en ist rückläufig“, so Gulden. Stammten 2017 noch 71 Prozent der Kurbelwell­en aus diesem Bereich, waren es im Vorjahr noch knapp über 60 Prozent. „Im Jahr 2026 werden wir bei unter 40 Prozent liegen“, rechnet er vor. Insofern reagiere man schon jetzt auf die

Veränderun­gen an den Märkten.. Was den Nordhäuser Geschäftsf­ührer ärgert, sind die politische­n Rahmenbedi­ngungen in Deutschlan­d. Er nennt folgendes Beispiel. Die Produktion von Schmiedete­ilen, die die Firma für die Kurbelwell­en benötigt, ist in Deutschlan­d mit einer CO2-Abgabe belegt. „Unsere Mitbewerbe­r in Indien und China sind davon aber ausgenomme­n“, erklärt er. Das sei ein klarer Standortna­chteil. „Hier ist die große Politik in Brüssel und Berlin vor den Lobbyisten eingeknick­t“, ärgert sich der Geschäftsf­ührer.

Der allseits beklagte Fachkräfte­mangel sei auch in Nordhausen zu verspüren. „Wir konnten aber trotzdem die Mitarbeite­rzahl um zehn Prozent steigern“, sagt der Nordhäuser. Als Pluspunkt nennt er die guten Rahmenbedi­ngungen in seinem Unternehme­n. „Bei uns wird nach Tarif bezahlt, und wir zahlen in diesem Jahr auch die steuerfrei­e Sonderpräm­ie über 1500 Euro aus, obwohl wir dazu gemäß Haustarifv­ertrag gar nicht verpflicht­et sind“, so Gulden. Powertrain habe zudem vom Personalab­bau mancher Betriebe im Eichsfeld profitiert. Im vor zwei Jahren eröffneten Werk in Beuren seien nun 70 Mitarbeite­r beschäftig­t. „Dort wollen wir noch weitere Fachkräfte einstellen und peilen als Zahl die 100 an“, blickt er voraus. Etwa 30 weitere Mitarbeite­r sollen auch noch am Stammwerk in Nordhausen hinzukomme­n.

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CHRISTOPH KEIL / ARCHIV Powertrain-Geschäftsf­ührer Bernd Gulden berichtet von sehr guten Geschäftsz­ahlen.

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