Thüringische Landeszeitung (Jena)

Wenn Frauen sich auf ewig gefangen fühlen

Hans Kuhnert aus Mühlhausen legt Krimi zum Thema häusliche Gewalt vor. Darin hat er viele reale Schicksale verarbeite­t

- Ulrike Kern Bestellung­en: www.hans-kuhnert.de

Wie viele Menschen sehen weg, oder wollen nicht sehen, wenn eine Frau angeblich gegen eine Schranktür gelaufen oder die Kellertrep­pe hinunter gefallen ist? Hans Kuhnert (1949) aus Mühlhausen sieht nicht weg beim Thema Gewalt in der Beziehung.

Er hat dazu sogar einen Roman geschriebe­n. „Jedem seine Wahrheit“ist soeben im Selbstverl­ag erschienen. Er beschreibt darin am Beispiel einer jungen Frau Reaktionen von Familie, Freunden, Kollegen und Nachbarn auf Gewalt – beispielha­ft für unsere ganze Gesellscha­ft.

Nach seiner Ausbildung zum Werkzeugma­cher, danach zum Techniker für EDV-Anlagen, nach seinem Studium der Informatik und Finanzen und einem langen Arbeitsleb­en ging Kuhnert 2016 in den Ruhestand – und entdeckte das Schreiben für sich.

Mit einem Buch über Thüringen gestartet

Die Idee hatte er schon lange, erzählt er. Bei einer Fahrt durch die heimische Landschaft wusste er, dass er mit einem Buch über Thüringen beginnen sollte. Zuerst entwickelt­e er das Gerüst der Geschichte­n und füllte sie mit Leben. Das Schreiben, so erzählt Kuhnert, gehe ihm rasch von der Hand. Am Besten morgens nach dem Aufstehen – jedoch ohne zeitlichen Druck. „Ich erinnere mich an eine zufällige Begegnung mit dem Schriftste­ller Stefan Heym vor fast 50 Jahren. Von da an interessie­rte ich mich für seine Werke, und mir gefiel seine erzählende Schreibwei­se, die mich inspiriert hat“, erzählt Hans Kuhnert.

Das erste Buch „Zwölf Jungfrauen“von 2020 beschreibt in einer Rahmenhand­lung zwölf Thüringer Städte und zwölf Frauen mit unterschie­dlichem Charakter und Lebensweg. Bis auf eine Episode sind alles wahre Begebenhei­ten. „Von Vorteil war für mich, dass ich in Thüringen geboren und aufgewachs­en bin und hier lebe. Ich liebe Thüringen und kenne die Städte von Altenburg bis Zeulenroda.“

Das zweite Buch, „Späte Rache“, ist im vergangene­n Jahr entstanden und Teil der Krimireihe „Kleinstadt­kripo“, von dem bereits der zweite Teil im Lektorat ist. Kuhnert möchte alle Leser ansprechen, jene, die sich für geheimnisv­olle Geschichte­n,

Sagen oder Thüringen interessie­ren oder Krimis lieben. Als Selbstverl­eger und wegen der Pandemieja­hre hat er noch nicht die breite Öffentlich­keit erreichen können. Viele Buchvorste­llungen mussten abgesagt werden.

Eine Lösung hat der Autor nicht parat

Mit dem dritten Buch streift er ein neues Themengebi­et. „Häusliche Gewalt wird in der Öffentlich­keit nur thematisie­rt, wenn sie eskaliert, wenn es Verletzte oder gar Tote gibt. Danach schweigt die Gesellscha­ft wieder gemeinscha­ftlich.“Vielleicht denken sich manche auch, die Frau habe das verdient. „Leider kann die Gemeinscha­ft nicht viel bewirken, die Frauen selbst müssen ausbrechen. Allerdings fühlen sich manche auf ewig gefangen“, erklärt der Autor. Eine Lösung hat er nicht parat, möchte aber zum Nachdenken anregen. Insbesonde­re Betroffene. „Ich hatte eine kurze Beziehung mit einer Frau, die aus der Gewalt ihres Ehemannes ausbrechen wollte. Das war dann auch die Idee für diesen Roman. In meinem privaten und berufliche­n Leben haben mir sehr viele Frauen ihre Geschichte­n erzählt. Die habe ich alle in einer Figur vereint und für den Leser interessan­t gestaltet.“

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CHRISTINA MARTIN Hans Kuhnert aus Mühlhausen schreibt, seit er im Ruhestand ist.

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